Die Türkei in der Umweltkrise

Die Türkei in der Umweltkrise
Hitze, Waldbrände und ein dicker Schleimteppich im Marmarameer setzen dem Urlaubsland zu.

Videos zeigen Menschen, die aus ihren Häusern auf die Straße rennen, Autos, die sich hupend einen Weg nach vorne bahnen – im Hintergrund meterhohe Flammen und Rauch. Die Szenen, die sich derzeit in der Türkei abspielen, wirken wie aus Katastrophenfilm.

Hitze und Feuer haben die Mittelmeer-Länder fest im Griff

Seit Tagen kämpfen die Einsatzkräfte gegen massive Waldbrände im Land. Etwa 100 sind seit Mittwoch in mehreren Provinzen ausgebrochen. Die Anzahl der dabei getöteten Menschen ist am Sonntag auf zehn gestiegen.

Die Türkei in der Umweltkrise
Die Türkei in der Umweltkrise

Hilfe kommt nun von der Europäischen Union. Zwei Löschflugzeuge aus Spanien und eines aus Kroatien würde man zur Verfügung stellen. Zuletzt hatten Russland, die Ukraine, der Iran und Aserbaidschan Einsatzkräfte zur Unterstützung geschickt.

Begünstigt werden die Flammen von Wind und Trockenheit – eine Hitzewelle lastet auf dem Mittelmeerraum mit Temperaturen bis zu 40 Grad und mehr. Ein Ende ist nicht absehbar.

Warnung vor "Meeresrotz"

Abgesehen von Hitze und Brände macht dem Urlaubsland noch ein anderes Problem zu schaffen: Der sogenannte "Meeressrotz", ein durch Algen ausgelöster organischer Schlamm bedeckt das Wasser im Marmarameer, Lebensraum für eine große Vielfalt an Meereslebewesen. Auch im nordägäischen Meer und im westlichen Schwarzen Meer breitet sich die dicke Grütze aus und lädt so gar nicht zum Baden ein.

Der Schleim ist Ausscheidungsprodukt mancher Algen und treibt an der Meeresoberfläche, aber auch darunter. Er setzt sich über kurz oder lang am Meeresboden ab, an manchen Stellen reicht er bis zu 30 Meter tief. Die Algen vermehren sich etwa durch höhere Temperaturen, sagt Ekin Akoglu, Meeresbiologe an der türkischen Odtü-Universität gegenüber der dpa. Begünstigt würde die Schleimbildung auch durch unbehandeltes Abwasser, das direkt ins Meer abgelassen wird. Die Küste des Binnenmeeres ist dicht besiedelt. An ihr liegen neben der 16-Millionen-Metropole Istanbul etwa Großstädte wie Bursa.

Auch der Klimawandel spiele ohne Zweifel eine Rolle, sagte etwa Baris Salihoglu, Chef des METU Institutes für Meereswissenschaften, gegenüber der Deutschen Welle. "Wir wissen, dass die Wassertemperatur im Marmarameer in den vergangenen 20 Jahren zwischen 2 und 2,5 Grad stärker gestiegen ist als der globale Durchschnitt", so Salihoglu. In den vergangen 50 Jahren hätten andere Stressfaktoren das Ökosystem zusätzlich geschwächt. 

Zwar hatte die türkische Regierung eine große Aufräumaktion angekündigt, doch es scheint sich wenig geändert zu haben. Für Aufsehen sorgte nun eine Warnung der Meeresbiologin Nur Eda Topcu im Gespräch mit der Financial Times. on "Die Totenglocken läuten für das Marmarameer", wird Topcu zitiert. Sie hatte vergeblich versucht, insbesondere die Korallen zu säubern: "Wir können den Schleim nicht aufhalten."

 

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