Murat, Friedrich, Mirko, Otto: Der Mann mit den vielen Namen
"Fritz Sedlacek!" Diese Antwort kam wie aus der Kanone geschossen, als mich die Freunde fragten, wie ich nun als Neo-Österreicher heißen mag. Die Kombination eines typischen österreichischen Vor- und eines typischen Wiener Familiennamens habe ich schon vor dem Erhalt der österreichischen Staatsbürgerschaft als spannend und sympathisch empfunden. Als Kind aus einer sogenannten Mischehe sehnt man sich im Leben nach (gesunden) Mischungen, egal welcher Art.
Wonach man sich allerdings nicht sehnt, sind Namen, die einem willkürlich verpasst werden - auch wenn manche glauben, diese seien lustig. Ich zum Beispiel wollte nie SO genannt werden:
- MIRADL: So nannte mich die rotbackige Bäuerin im Schwarzwald, bei der meine deutsche Gastfamilie und ich während des Skiurlaubs untergebracht waren. Unserer Gastgeberin war wohl noch nie jemand mit derartigem Namen begegnet, also verlieh sie ihm kurzerhand einen sportlichen Zusammenhang. Kann man machen, sollte man aber nicht.
- MIRAB Ogobasic: Danke, lieber Mediamarkt, dass du dir einen Spionnamen für mich erfunden hast! Deine Newsletter sind übrigens ein Traum! Wo und bei wem ich mich dafür angemeldet habe, ist mir bis heute ein Rätsel.
- MILORAD: Ein alles andere als moderner serbischer Name, der wohl im Ohr einiger Menschen meinem ähnlich klingt. Damit konnte ich durchaus leben, bis ein gewisser Politiker mit verzerrtem Weltbild auf der bosnischen Politikbühne auftauchte. Mein Schwager nennt mich immer noch so. Aus Liebe, hoffe ich.
- MIRSAD: Hierbei handelt es sich um einen muslimischen Namen, der meinem doch sehr ähnelt. Ich kann auch den Reflex nachvollziehen, dass man einem unbekannten Namen einen Buchstaben verpasst, um ihn sich vertrauter zu machen. Warum dieses S dennoch wehtut? Sie erinnern sich an Mirsad O.? Wenn nicht, bitte lesen!
- MURAT: So nennt mich ein Kollege. Er glaubt immer noch, mein Name sei vom allgemein bekannten türkischen abgeleitet. Ich habe ihn niemals eines anderen belehrt. Es war mir die Mühe nicht wert.
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- MIRKO: Diesen Namen verpasste mir ein anderer Kollege in einer Teambesprechung. Kolleginnen und Kollegen ist sein Versprecher natürlich nicht entgangen. Seitdem ist Mirko quasi ein Running Gag in der Redaktion. Passt mir nicht ganz, denn normalerweise bin ich hier derjenige, der austeilt.
- FRIEDRICH: Derselbe Kollege, der mir den Mirko aufhals, stand eines Tages plötzlich vor mir. Ich sah die Glühbirne über seinem Kopf. "'Mir' bedeutet doch in slawischen Sprachen Frieden, oder?", stellte er die rhetorische Frage. Ich sah das Unheil kommen. "Dann bist du doch ein Friedrich!", stellte er begeistert fest. Ich erinnerte ihn höflich daran, dass er mir schon den Mirko aufgebrummt hat. Danke dafür.
- OTTO: Das hat man davon, wenn man zu einem Tiroler Studenten höflich ist ... Dieser rief in der Redaktion an, ich vermittelte ihn an meinen Vorgesetzten, der gerade nicht an seinem Platz war. "Ach, danke, dass du den jungen Mann an mich verwiesen hast, Otto Vasic", sagte dieser schmunzelnd, nach dem er wieder da war und seine Mails gelesen hatte. Der Tiroler Bub hat aus dem Odobašić in unserem Telefonat ein "Otto Vasic". Stoak!
Damit das klar ist: Diese Liste ist lange nicht vollständig. In den fast 43 am Balkan, Deutschland und Österreich verbrachten Jahren hat sich doch der eine oder andere ungeliebte Name angesammelt. Doch, ausgerechnet ein Tiroler ist mein Hoffnungsschimmer. Mein lieber Kollege Armin nennt mich jetzt durchgehend Fritz. Du gfolsch' ma, Armin!
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