Am Ende sind wir doch alle "die Anderen"
„Ich mein', wir, als BIPoC Menschen, kennen das ja eh“, sagte mein Gegenüber. Es war ein Gespräch über Rassismus und Diskriminierung. Ich nickte und hörte ihm einfach weiter zu. Aber innerlich machte mich diese Aussage irgendwie stutzig. Ich? BIPoC?
BIPoC, das steht im Englischen für Black, Indigenous and People of Color. Übersetzt sind damit „Menschen von Farbe“ gemeint. Und ich als in Wienerin mit türkischem Migrationshintergrund gehöre da offenbar dazu. Aber tue ich das wirklich?
Verbundenheit
Denn, so blöd das auch klingt, sieht man mir meinen Migrationshintergrund nicht wirklich an. Oft wird mir sogar das „Kompliment“ gemacht, dass ich doch glatt als Österreicherin durchgehen könnte (wieso das rassistisch ist, erkläre ich ein anderes Mal). Ich weiß nicht, wie es ist, aufgrund meiner Hauptfarbe diskriminiert zu werden. Als Woman of color hätte ich mich daher nie gesehen. Mir diese Bezeichnung zu nehmen, erscheint mir auch irgendwie falsch. Wieso sich „People of color“ und auch andere Menschen mit Migrationshinter- oder Vordergrund mit mir verbunden fühlen, kann ich dennoch verstehen.
Der Grund ist, dass viele Menschen mit Migrationsvorder- oder Hintergrund oft dieselben (Diskriminierungs-)Erfahrungen machen. Ich kenne ebenfalls das unermüdliche Interesse daran, „wo ich denn wirklich herkomme“. Ich weiß, wie es ist, wenn niemand meinem Namen aussprechen kann, weil er doch „ach so schwer ist“. Ich weiß auch, wie es ist, sich fragen zu müssen, ob ich mit meinem Namen am Wohnungsmarkt eine Chance habe oder Menschen ohnehin ihre Vorteile fällen, und ich deshalb nicht zu Besichtigungen eingeladen werde. Ich kenne das Gefühl, ständig mit Vorurteilen aufräumen zu müssen. Ein bisschen so als würde man immer null zu eins das Spiel beginnen - auch als mittlerweile ziemlich privilegierte Akademikerin.
Ähnliche Erfahrungen
Und das ist, glaube ich, auch der springende Punkt. Denn es mag zwar sein, dass ich keine „Woman auf Color“ bin, dennoch: Etwas verbindet uns alle, die anders heißen, anders aussehen, andere Erstsprachen sprechen, anders gesehen werden, dann doch. „Hast du auch schon von klein auf Übersetzer für deine Eltern spielen müssen?“, fragte mich letztens eine Journalistin, die nordmazedonische Wurzeln hat. Es war das erste Mal, dass ich sie traf und trotzdem wiesen unsere Leben, als Kinder aus Arbeiterfamilien, so viele Parallelen auf - noch viel mehr als dass unsere Eltern nicht so gut Deutsch können.
Denn Tatsache ist, dass die meisten Menschen mit Migrationshinter- oder Vordergrund nicht als Teil der Mehrheitsgesellschaft gesehen und angenommen werden. Und diese, nennen wir es „Erfahrungen“, schweißen uns irgendwo zusammen - egal wie wir uns alle bezeichnen.
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