Es ist ein Déjà-vu. Und leider keines, das man erstmals seit den 1990er-Jahren erlebt. Denn bereits vor zwei Jahren stürmten die Einwohner Bosnien-Herzegowinas die Lebensmittelgeschäfte. Der Gegner damals war ein unsichtbarer, das Coronavirus, das gerade in den Startlöchern steckte, um die ganze Welt in Angst und Schrecken zu versetzen. Diesmal ist es wieder die Angst, die die Menschen zu Großeinkäufen treibt. Die Angst vor etwas, was man vor 30 Jahren erlebt hat.
Nicht wenige sehen derzeit Parallelen zwischen dem, was in der Ukraine passiert und dem, was 1992 in Bosnien und Herzegowina passiert ist. Unüberlegte Aussagen mancher Politiker und beängstigende Schlagzeilen in den heimischen und den Medien in der unmittelbaren Nachbarschaft haben viele Bosnier und Bosnierinnen in Alarmbereitschaft versetzt.
Einige Tabloide unterstrichen in ihre Berichterstattung die These, im Schatten des Ukraine-Konflikts könnte Serbien mithilfe Putins wieder wie zu Beginn der 1990er nach seinem Nachbarland greifen.
Mehl, Mehl und noch mehr Mehl
Am vergangenen Wochenende wurden in einigen bosnischen Städten innerhalb weniger Stunden mehrere Tonnen Mehl verkauft, heißt es in einem Bericht des Portals Klix.ba. Einer Verkäuferin in einem Supermarkt in der mittelbosnischen Stadt Zenica zufolge seien die 25-Kilogramm-Säcke bereits ausverkauft.
Die neuen Lieferungen, die ihren Angaben zufolge erwartet werden, dürften nicht lange in den Regalen bleiben. Der Grund, sei die immer noch hohe Nachfrage, sagt sie. "Es sind nur noch wenige Verpackungen von ein und zwei Kilogramm übrig, die großen Packungen waren schon gestern ausverkauft“.
Manche Supermärkte haben auch schon reagiert und den Verkauf größerer Mehlmengen auf einen 25-kg-Sack pro Person eingeschränkt.
Abgesehen von Mehl seien auch Nudeln, Reis und Zucker begehrt. Nachdem in dem armen Land vor allem die Pensionisten am 5. Tag des Monats - da werden die mickrigen Pensionen (im Schnitt 200 - 250 Euro) ausbezahlt - die Supermärkte belagern, wären die Bilder vom vergangenen Wochenende für die Händler überraschend. Am Monatsende seien die meisten Kunden nämlich klamm.
Bloß nicht noch einmal die Finger verbrennen
Doch was treibt die Menschen zu diesen Hamsterkäufen? Während die einen Kunden gegenüber Klix.ba erklärten, sie hätten Angst vor neuen Lebensmittelteuerungen und wollen einkaufen "so lange die Preise noch normal seien", glauben andere, dass das ukrainische Szenario in Bosnien und Herzegowina möglich sei und sie vorsorgen wollten, um nicht wieder Hunger zu leiden. Es sei die schmerzhafte Erfahrung, hört man immer wieder. "Wenn man sich einmal die Finger verbrannt hat ..." ist ein Sprichwort, das in Bosnien ein Gebot ist.
Inzwischen haben sich auch die zuständigen Behörden zu Wort gemeldet und an die Bevölkerung appelliert, nicht zu überreagieren. Die Lebensmittelreserven habe man bereits in dieser Pandemie aufgestockt, sie seien zehn Mal so hoch wie vor dem Ausbruch des Coronavirus. Auch die führende Lebensmittelkette "Bingo" schrieb auf Facebook: "Eine wichtige Mitteilung!! Wir haben ausreichende Reserven an Grundnahrungsmitteln!"
Wenngleich das auch für den skeptischen Kunden keine Entwarnung ist ...
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