Natürlich hatte ich meine Bedenken. Auch ein bisschen Angst, dass man mich in die Ecke des armen Mädchens, das ein Kopftuch tragen muss, drängt. Genau das wollte ich nicht. Aber als ich dann dort war, war es ganz anders. Ich durfte sein, wie ich bin. Anfangs waren die anderen Models zwar schon ein bisschen abgeschreckt von meiner Präsenz, weil ich eben ein Kopftuch trage. Das habe ich schon sehr stark gespürt, aber das hat sich alles dann doch in eine positive Richtung gewendet.
Die heurige Staffel von "Germany’s Next Top Model" sollte die diverseste bisher sein. Wie war dein Eindruck?
Ich bin ganz ehrlich, ich habe sie nicht geschaut. Aber ich habe immer wieder mitbekommen, dass Heidi einen Shitstorm bekommen hat. Ich kann mir auch vorstellen, warum. Auf der anderen Seite finde ich, dass sie sich bemüht haben. Es gab kleine Models, es gab ältere Models. Das finde ich ziemlich cool. Das einzige, was es nicht gab, waren Hijabi-Models. Vielleicht kommt das in Zukunft noch. Es muss einem aber auch bewusst sein, dass es in der Sendung nicht unbedingt ums Modeln geht, sondern um Entertainment.
Merkst du als Kopftuchtragende junge Frau einen Wandel in der Mode- und Modebranche?
Heute trauen sich Frauen mehr in die Öffentlichkeit. Sie trauen sich auch, sich modebewusster zu kleiden, auch mit Hijab. Aber ich glaube, im Endeffekt ist es doch eine Charaktersache. Wenn du der Meinung bist, als Frau mit Kopftuch keinen Platz in der Gesellschaft zu haben, dann wird es auch so sein. Aber wenn du sagst: “Hey, ich habe einen Platz in der Gesellschaft und ich kann es auch mit meinem Kopftuch schaffen”, dann ist es auch schaffbar.
Ist es schwieriger als Kopftuchträgerin in den gängigen Modeketten passendes zu finden?
Man muss ein bisschen anders denken. Denn natürlich gibt es einen Unterschied. Ich möchte gerne meine Religion ausleben. Ich möchte gleichzeitig aber auch modebewusst sein. Die zwei Sachen sind aber schon kombinierbar. Wenn ich jetzt auf der Straße unterwegs bin, finde ich hunderte von Optionen, wie ich meine Klamotten kombinieren könnte. Dank des Internets gibt es unendlich viele Optionen, auch online Sachen zu bestellen.
Mittlerweile bist du auch sehr erfolgreich auf Social Media und vor allem für deine Kochvideos bekannt. Wie kam es dazu?
Ich habe es anfangs nur nach Lust und Laune gemacht. Ich habe einfach die verschiedensten Videos gemacht, von Comedy bis zur Fashion - bis ich irgendwann herausgefunden habe, was mir wirklich Spaß macht. So habe ich mich auf die Kochvideos festgelegt.
In deiner Beschreibung steht, dass du das Essen “hypnotisierst”. Warum?
Bei den ersten Videos habe ich immer ziemlich konzentriert geschaut, weil ich nichts falsch machen wollte. Jemand hat dann mal kommentiert, dass ich schaue als würde ich das Essen hypnotisieren. Ich fand das so interessant, dass ich es als meine Marketing-Masche genommen habe. Und jetzt bin ich die Frau, die das Essen hypnotisiert (lacht).
Bekommt man bei so einer großen Reichweite viel Hass ab?
Vor allem Frauen sagen, an mir wäre angeblich alles operiert. Und ich solle mich schämen, weil doch ein Kopftuch trage. Und wegen meines Kleidungsstils bekomme ich hauptsächlich von Männern Kommentare. Vor allem muslimische Männer fühlen sich dazu berufen, mir vorzuschreiben, wie ich mich zu kleiden habe. Also das ist schon so ein Muster, was man beobachten kann. Ich lese so etwas, lache und dann war's das auch. Ich lösche nicht mal die Kommentare. Es juckt mich gar nicht.
Deine Eltern kommen ursprünglich aus Tunesien. Welche Bedeutung haben deine Wurzeln für dich?
Natürlich würde ich auch tunesisch erzogen, wenn man das so sagen möchte. Und es ist mir schon sehr wichtig, dass ich an meiner Kultur festhalte. Ich liebe Tunesien. Aber ich bin hier geboren und aufgewachsen, mein Leben lang schon in Wien, in Österreich gewesen. Das ist meine Heimat.
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