"Ich hasse sie!" - Aleksandar macht keinen Hehl daraus, was er von den Flüchtlingen in seiner Stadt hält. "Bei uns sind sie nicht willkommen", sagt der Kellner und deutet auf die Eingangstür des im Landhaus-Stil eingerichteten Restaurants im Zentrum von Sombor, in dem er arbeitet. "Wenn hier einer aufkreuzt, dann fordere ich ihn auf, das Lokal zu verlassen", erklärt der 20-Jährige entschlossen.
Aleksandar habe bisher nur schlechte Erfahrungen mit den Neuankömmlingen gemacht, erzählt er. Beim Fortgehen sei er von ihnen mehrmals angepöbelt worden. Völlig grundlos, behauptet er. "Unsere Kinder trauen sich gar nicht mehr auf die Straße", pflichtet ihm eine neugierige Lokalbesucherin bei. Das Thema hat ihr Interesse geweckt, also mischte sie sich einfach so ins Gespräch ein.
"Unsere Polizei hat die Hände voll zu tun mit den ganzen Flüchtlingen hier", sagt sie und zündet nervös die nächste Zigarette an. "Gnädige Frau, das stimmt doch gar nicht! Es waren ja nur ein paar Zwischenfälle in den letzten Jahren", wirft ein anderer interessierter Gast ein. "Sie haben doch keine Ahnung!", kontert die Dame. Es kommt zu einem Wortgefecht. Eines, das für die Stimmung in Sombor sinnbildlich ist.
Das Flüchtlingsthema polarisiert - und teilt die etwa 50.000 Einwohner Sombors in zwei Lager. Die einen wünschen sich, die Flüchtlinge würden einfach aus ihrem Ort verschwinden. Die anderen sehen es pragmatisch und weisen daraufhin, wie sehr das verschlafene Städtchen von den Flüchtlingen profitiert. "Allein in den letzten paar Monaten sind in Sombor 15 neue Locations, die Flüchtlingen Unterkünfte anbieten, hinzugekommen. Und Fast-Food-Läden wachsen wie Pilze nach dem Regen", erklärt der Gast nach dem Zwist mit der Dame am Tisch nebenan nüchtern. Man müsse anerkennen, dass die Flüchtlinge inzwischen zu einer treibenden Wirtschaftskraft geworden seien, so der Einheimische.
In derselben Straße, wenige Meter weiter, hat man das längst erkannt. "Bei uns sind die Flüchtlinge willkommene Gäste. Sie benehmen sich normal und geben ordentliches Trinkgeld", sagt der gerade unterbeschäftigte Kellner in der Pizzeria "Toscana" und schaut etwas neidisch auf die Konkurrenz gegenüber. Die meisten dieser Döner-Läden sind erst kürzlich eröffnet worden und auf die Bedürfnisse ihrer neuen Stammkunden angepasst. "Wir kommen jeden Tag her, um Hühnersandwiches zu essen", sagt etwa Fares aus Syrien. Er und seine zwei Freunde sind im Aufnahmezentrum für Flüchtlinge am Stadtrand untergebracht. Das Essen dort sei, wie auch die Wohnverhältnisse menschenunwürdig, weshalb sie wie viele andere ins Zentrum pilgern.
Taxifahrer und Billigläden als "Profiteure"
Ins Aufnahmezentrum fährt allerdings kein Bus. Die einzige Alternative zum langen Fußweg ist das Taxi. Tatsächlich sind die Taxistände im Zentrum wie leergefegt, vor dem fünf Kilometer entfernten Aufnahmezentrum wimmelt es hingegen von Taxis. "Im Zentrum machen wir kein Geschäft. Alles hat sich hierher verlegt", verrät ein aus der Gegend stammender Taxifahrer. Die meisten seiner Kollegen würden vom Geld der Flüchtlinge leben, sagt der junge Mann, während hinter ihm das nächste Taxi aus der Stadt kommt. Drei Männer mit vollen, roten Einkaufstaschen steigen gut gelaunt aus. Aus dem Auto dröhnt laute arabische Musik, der Fahrer winkt seinen Fahrgästen zum Abschied fröhlich zu. Man kennt sich offenbar. Die Taxler scheinen jedenfalls kein Problem mit den Migranten zu haben.
Ähnlich dürfte es auch in dem chinesischen Shop im Stadtzentrum sein. Hier gehen die jungen arabisch sprechenden Männer mit vollen, roten Plastiksäcken heraus. Die Schilder in diesem Billigladen sind auch in arabischer Schrift zu lesen. Außergewöhnlich gut besucht ist an diesem frühen Nachmittag der Laden auf der ansonsten leeren Einkaufsstraße. "Das Geschäft läuft sehr gut", beantwortet der serbische Sicherheitsmann die Frage, ob in dem Shop immer so viel los sei. Gefragt seien derzeit vor allem warme Winterjacken und Schlafsäcke. Ob die fremden Einkäufer ihm Probleme bereiten würden? "Bisher gab es keinerlei Probleme", sagt der Security und klopft mit einem Schmunzeln aufs Holz.
Die ersten Läden mit arabischen Namen
"Soweit ich mich zurückerinnern kann, haben wir nur wenige Male ihretwegen intervenieren müssen", sagt auch ein junger Polizist, der am Bauernmarkt patrouilliert. Die Flüchtlinge würden die Polizei nicht mehr fordern als Einheimische. "Es gibt sowohl hie als auch da solche und solche", stellt er fest.
Weniger entspannt ist die Besitzerin des Second-Hand-Ladens ums Eck. Der Imbiss nebenan ist noch nicht eröffnet worden, sein Name prangt aber schon vom Schild über der Eingangstür. Es ist ein arabischer. "Ich habe gehört, dass der Besitzer ein Araber ist, der eine Serbin geheiratet und sich hier niedergelassen hat", erzählt sie. Dass "so einer" nun in der Nachbarschaft sein Geschäft betreibt, bereitet ihr Sorgen. Warum? "Es sind einfach zu viele", antwortet die Shopbetreiberin. Sie habe einerseits Mitleid mit diesen Menschen, andererseits hoffe sie, dass sie weiterziehen. "Wir haben Angst davor, eine Minderheit in unserer eigenen Stadt zu werden", sagt sie dann. Ein Satz, den man wohl nicht nur in Sombor oft hört.
Kommentare