In Bosnien-Herzegowina erscheinen derzeit keine Bücher
Das Schicksal des Landes Bosnien-Herzegowina spiegelt sich wohl auch in der National- und Universitätsbibliothek wider – denn die Funktion einer wichtigen Institution des Landes scheitert mal wieder an der Politik.
Das Problem geht auf das Friedensabkommen von Dayton zurück, berichtet der Standard. Denn dort wurde die Finanzierung der Institution nicht geregelt. Da der rechtliche Status der Bibliothek ungeklärt ist, ist sie derzeit auch für Besucher geschlossen.
Die Nationalbibliothek hat weder einen Vorstand noch einen Aufsichtsrat oder einen Direktor, die 37 Mitarbeiter werden seit Monaten nicht bezahlt. Sie vergibt als einzige Institution des Landes die Internationale Standardbuchnummern (ISBN) und ISSN-Nummern. Ohne diese können keine Bücher, wissenschaftlichen Arbeiten oder Zeitschriften veröffentlicht werden.
Weitreichende Folgen für Nationalbibliothek in Bosnien
"Die Nationalbibliothek befindet sich in der schlimmsten Situation seit 1992, zum ersten Mal in ihrer Geschichte ist sie ohne jegliche Führungsstruktur", sagt Selma Bajraktarević, eine Mitarbeiterin der Institution, gegenüber bosnischen Medien. Bajraktarević weist auf die weitreichenden Folgen der Schließung der Bibliothek hin, die zu einer Zerstörung der kulturellen Identität Bosnien-Herzegowinas führen würde. "Wenn es kein Verlagswesen gibt, können auch keine Schulbücher herausgegeben werden, was sich wiederum auf den Bildungssektor auswirkt", so Selma Bajraktarević.
Auch die Journalistin Amila Kahrović-Posavljak sieht die aktuelle Entwicklung kritisch. Sie warnt davor, dass die Schließung der Nationalbibliothek ein Schritt zur "Auslöschung" des literarischen Erbes des Landes wäre, was den "Tod von Kultur und Sprache und die Zerstörung des gesamten sozialen Gefüges" bedeuten würde. "Ich fürchte, dass die Menschen, die dafür verantwortlich sein sollten, dies nicht sehen oder verstehen", so Kahrović-Posavljak.
Der bosnische Germanistik-Professor Vahidin Preljević erinnert auf X an die Geschehnisse vom August 1992, als die Bibliothek während des Krieges in Flammen gesetzt wurde. "Auf symoblische Weise wurde die Institution niedergebrannt, damit wurde die Arbeit von Karadžić und Mladić finalisiert", so Preljević (Anspielung auf die beiden Kriegsverbrecher).
Die Zukunft der Bibliothek ist noch nicht absehbar. Auch nicht, ob die Warnungen der bosnischen Akademiker ernst genommen werden.
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