Inzko: "Manche Politiker in Bosnien haben das grüne Licht nicht verdient"

Christian Schmidt bekommt feierlich von Valentin Inzko den Posten des Hohen Repräsentanten überreicht.
Der ehemalige Bosnien-Repräsentant rief die Europäische Union dazu auf, bei der Durchsetzung ihrer Ziele "hartnäckig und konsequent" zu bleiben.

Der Hohe Repräsentant der Vereinten Nationen für Bosnien-Herzegowina, Christian Schmidt, hat das Balkanland als reif für EU-Beitrittsgespräche erklärt. "Es muss die Botschaft kommen 'Ihr seid ein Teil des freien Europa'", sagte der deutsche Ex-Minister m Deutschlandfunk.

"Hier ist eine politische, um nicht zu sagen geostrategische Botschaft notwendig, die auch nicht zur Beruhigung, sondern zur Stabilisierung des Landes beiträgt."

Schmidt warnt vor Einfluss des russischen Staatskonzerns Gazprom

Man müsse Bosnien-Herzegowina in die EU aufnehmen. "Aber nicht zu billigen Preisen", sagte der CSU-Politiker. Seit Mitte März ist das Land nach Einschätzung der EU-Kommission bereit für die Aufnahme von Verhandlungen über den EU-Beitritt, beim EU-Gipfel am Donnerstag dürften die Staats- und Regierungschefs dieser Empfehlung folgen.

Es sei aber noch kein Zeugnistag, sagte Schmidt, sondern der Tag zum "anstrengen, hinsetzen, arbeiten". Die EU und das Daytoner Friedensabkommen werden verlangen, dass man auch Einflüsse abwehrt, wie Schmidt weiter sagte. Als Beispiel nannte er den starken Einfluss des russischen Staatskonzerns Gazprom in der Region.

Die politische Klasse Bosniens habe einige Figuren zum Abgewöhnen

Das Land ist gespalten in die Entitäten namens Föderation Bosnien-Herzegowina und den ethnisch-serbischen Teil Republika Srpska. An dessen Spitze steht der serbische Nationalist Milorad Dodik, der auch mit Kremlchef Wladimir Putin und dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko "liebedienerische" Beziehungen pflegt, wie Schmidt es nannte. Dass Dodik "am europäischen Tisch in Brüssel mitsitzen würde und mitentscheidet oder mitblockiert, das kann nicht sein", sagte Schmidt. Zwar gebe es viele vernünftige Leute in Bosnien Herzegowina, aber man müsse eine strukturelle Antwort beim EU-Beitrittsverfahren finden. "Wir stellen fest, dass eine eindimensionale Art und Weise des Herangehens für Erweiterungsverhandlungen an seine Grenzen stößt."

Die politische Klasse des Balkanlandes habe einige Figuren zum Abgewöhnen, sagte Schmidt. "Man kann das Land nicht sich selbst überlassen. Vor allem müssen wir jetzt einen Pakt, wenn ich das so sagen darf, mit den Menschen und nicht nur mit den Politikern machen."

Inzko: "Manche Politiker haben das grüne Licht nicht verdient"

Ähnlich wie Schmidt äußerte sich auch dessen Vorgänger in Sarajevo, der österreichische Spitzendiplomat Valentin Inzko. In einem Gastbeitrag für die Kleine Zeitung begrüßte er den erwarteten Beginn von Beitrittsgesprächen, fügte jedoch in klarer Anspielung etwa an Dodik hinzu: "Manche Politiker haben das grüne Licht nicht verdient, allen voran jene, die den Staat schwächen und zerstören wollen." Inzko rief die Europäische Union dazu auf, bei der Durchsetzung ihrer Ziele "hartnäckig und konsequent" zu bleiben. 

"Fassadendemokratie und Schlagzeilenpolitik müssen durch harte Arbeit und Resultate ersetzt werden", forderte er insbesondere Fortschritte im Bereich Rechtsstaatlichkeit. Der Kärntner Slowene Inzko war von 2009 bis 2021 Hoher Repräsentant in Bosnien-Herzegowina gewesen.

Der EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag will grünes Licht für Beitrittsverhandlungen mit Bosnien-Herzegowina geben. Basierend auf einer entsprechenden Empfehlung der EU-Kommission "entscheidet der Europäische Rat, die Beitrittsverhandlungen mit Bosnien-Herzegowina zu eröffnen", heißt es in einem Entwurf für das Gipfeltreffen. Litauen hat laut Diplomaten ein "taktisches Veto" angemeldet, das Land verlangt, dass auch mit der Ukraine bis Juni die Beitrittsverhandlungen beginnen.

Dass letztlich vom Gipfel grünes Licht für Beitrittsverhandlungen mit Bosnien-Herzegowina kommt, sei unstrittig, hieß es in diplomatischen Kreisen. Frankreich, die Niederlande und Dänemark waren laut Diplomaten noch skeptisch, wollten mittlerweile aber ein positives Signal vom Gipfel aussenden, hieß es.

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