Aufstand gegen eine Doku, die Genozid in Srebrenica verharmlosen soll

Aufstand gegen eine Doku, die Genozid in Srebrenica verharmlosen soll
Ein umstrittener Dokumentarfilm soll auch in österreichischen Kinos gezeigt werden. Ein Wiener kämpft dagegen.

"Da, soeben ist die Absage aus Graz gekommen", deutet Dennis Miskić zufrieden auf sein Handy. Jede Absage bedeutet dieser Tage einen Teilerfolg für den 20-jährigen Wiener. Der Student kämpft nämlich mit aller Macht darum, dass ein Dokumentarfilm in den österreichischen Kinos nicht gezeigt wird bzw. dessen Vorführungen im deutschsprachigen Raum verboten werden.  

"Republika Srpska: Borba za slobodu" ("Republika Srpska": Kampf für die Freiheit) lautet der Name der umstrittenen Doku des kanadisch-serbischen Regisseurs Boris Malagurski. Darin werde eine tendenziöse Darstellung der Kriegsereignisse in Bosnien und Herzegowina geboten, sprich der serbische Völkermord und ethnische Säuberungen an Zivilistinnen und Zivilisten in dem blutigen Bosnien-Krieg verharmlost, erklärt Miskić.

Deshalb verfasste er gemeinsam mit der ebenfalls in Wien lebenden Selma Jahić, die den Genozid in Srebrenica überlebt hat, und Georgio Konstandi, einem Absolventen der University of Cambridge, der eine Zeit lang im Srebrenica Memorial Center gearbeitet hat, einen offenen Brief.

Kinos wussten über den Inhalt der Doku nicht Bescheid

Darin wird ihr Protest gegen die Aufführung dieses Filmes in deutschsprachigen Kinosälen zum Ausdruck gebracht.

Der Brief ging an das Innenministerium, Kinosäle und Bürgermeister der Städte, in denen der Film gezeigt werden soll. "Die Antworten, die uns erreichten, waren überwiegend positiv. Von einigen Kinos kam schnell eine Absage, wie beispielsweise Düsseldorf oder Stuttgart", sagt Miskić, der als erster österreichischer Zivildiener im Srebrenica Memorial Center in die Geschichte eingehen wird.

Absagen kamen auch aus Villach, Linz, Salzburg, Klagenfurt - und eben Graz. Eine Film-Vorführung ist im Lugner City Kino geplant, doch ist der Termin am 5. November mittlerweile von der Homepage verschwunden. 

Doch, wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass die Kinos die Doku ins Programm aufnehmen? "Einige Kinos erklärten, dass die Vorführungen als private Veranstaltung gebucht worden seien und sie sich des Filminhaltes nicht bewusst gewesen wären. Kurz nachdem wir sie darauf aufmerksam gemacht hatten, kam die Reaktion: 'Natürlich wollen wir nicht, dass so etwa in den Kinos läuft'".

Die Kinobetreiber werden wohl auch den Paragrafen § 283 StGB im Kopf gehabt haben. Laut diesem sind Verhetzung als auch Leugnung von Verbrechen, die von einem internationalen Gericht festgestellt wurden, strafrechtlich verfolgbar. Und dieser Tatbestand wäre im Fall einer Film-Vorführung gegeben.

Aufstand gegen eine Doku, die Genozid in Srebrenica verharmlosen soll

Dennis Miskić war der erste Österreicher, der seinen Zivildienst im Gedenkzentrum in Srebrenica verrichtete. 

Der Westen ist an allem schuld

Warum ist die Doku über die serbische Teilrepublik in Bosnien so heikel? Allein die Tatsache, dass Boris Malagurski die Regie führt, sorgt dafür. Seit 2009 dreht der 34-jährige Serbe, der als 17-Jähriger nach Kanada auswanderte, Dokumentarfilme. In diesen macht der Mann, der jahrelang in den inzwischen von der EU verbotenen russischen Medien Sputnik und Russia Today arbeitete, keinen Hehl daraus, welche politische Position er bezieht.

So lautet die Hauptthese seiner dreiteiligen Doku "The Weight of Chains", dass die NATO und EU am Zerfall Jugoslawiens Schuld seien. In gleich zwei seiner Werke, die sich um den Kosovo drehen, behauptet er, dieser kein souveräner Staat, sondern lediglich eine serbische Provinz. Kritiker halten Malagurski daher für einen Nationalisten, der eine Freundschaft zum bosnischen Serbenführer Milorad Dodik pflegen soll, und daher die Propagandatrommel rührt. 

Die serbische Teilrepublik soll den Film, in dessen Trailer Malagurski sich über den Srebrenica-Gedenktag am 11. Juli spöttisch äußert, in dem er es als "Srebrenica Fest" bezeichnet, auch finanziert haben. Auf der eigens für die Doku produzierten Homepage, die inzwischen offline genommen wurde, waren laut Dennis Miskić serbische Vereine aus den USA als spendabelste Spender angegeben. Gleich dahinter folgten Gemeinde und Städte aus der Republika Srpska. 

Kommentare