Herzrhythmus außer Kontrolle

Gefühl und Wissenschaft
Jeder Vierte über 40 wird betroffen sein. Wird bei teurer Therapie gespart?

Herzrasen, Herstolpern, unregelmäßiger Puls, Angstgefühle: „Die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern verbreitet sich epidemieartig“, sagte der Kardiologie Ass. Prof. Günter Stix von der MedUni Wien / AKH Wien bei der Apothekertagung in Saalfelden, Salzburg. „Seit 2009 kommen in die Notfallaufnahme im AKH mehr Menschen mit Vorhofflimmern als mit Herzinfarkten.“

Die Ursachen dürften im Lebensstil liegen: „Hoher Blutdruck, wenig Bewegung, hoher Salzkonsum.“
Drei bis sieben Prozent der Patienten mit Vorhofflimmern bekommen jährlich einen Schlaganfall. Viele erfahren erst dann, dass sie Vorhofflimmern haben: Rund ein Drittel hat keine Symptome.
Medikamente und Stromstöße stehen am Anfang der Versuche, einen normalen Rhythmus wiederherzustellen. „Die medikamentöse Therapie ist aber nicht sehr wirksam“, erklärte Stix: „Nach zirka einem halben Jahr hilft sie der Hälfte der Patienten nicht mehr.“

Deshalb bekommt die „Ablation“ (Abtragung) immer mehr Bedeutung: Dabei werden mit Hilfe eines Herzkatheters jene Strukturen im Herz, von denen das Flimmern ausgeht, mit Hochfrequenzstrom erhitzt, verödet und abisoliert. Das gestörte elektrische Erregungsmuster kann sich nicht mehr ausbreiten. „60 bis 70 Prozent der Patienten haben nachher keine weiteren Episoden von Vorhofflimmern“, so Stix.

„Termin storniert“

Obwohl diese Methode sehr erfolgreich sei, gebe es kein Interesse an notwendigen neuen Zentren in Österreich, kritisierte Stix. So hätte ein Patient in einem Wiener Spital, „in dem die Versicherung des Patienten und der Krankenhausbetreiber ident sind“ – das Hanusch-Krankenhaus der WGKK –, einen Termin für einen derartigen Eingriff gehabt. „Zwei oder drei Tage vorher wurde der Termin von der Verwaltung dieses Krankenhauses storniert, weil man dort Leistungen reduziert. Die Versicherung hat dem eigenen Kunden im eigenen Krankenhaus eine Therapie, die möglich ist, vorenthalten.Das ist die Gesundheitsreform.“

Der Patient bekam dann den Eingriff im Februar am AKH, seither gehe es ihm besser. Ein Spital erhalte für einen derartigen Eingriff nur 3400 Euro, die Kosten liegen aber zwischen 5000 und 10.000 Euro: „Kein Spital hat deshalb Interesse daran.“

Dazu der ärztliche Direktor des Hanusch-Krankenhauses, Prim. Univ.-Prof. Klaus Klaushofer: „Wir haben nach einer Pilotphase entschieden, aus Qualitätsgründen diese Untersuchung nicht mehr anzubieten und uns im Katheterlabor – wir haben nur einen Raum – auf andere Leistungen zu konzentrieren. Zumal es andere Zentren für diesen speziellen Eingriff gibt und kein Problem besteht, die Patienten dort hinzuschicken. Es ist nicht vernünftig, dass jedes Spital alles macht.“

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