„Es steht und fällt mit dem Unterricht“
Wie lernen Schüler am besten? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Bildungspsychologin Christiane Spiel wissenschaftlich. Ihr Anliegen: Dass die Betroffenen selbst zu Wort kommen, wenn es darum geht, den Unterricht zu verbessern. Das können Jugendliche beim Wettbewerb „Pimp MySchool“ der Wiener Gesellschaft für Bildungspolitik, der vom KURIER unterstützt wird. Schüler und Schülerinnen sind aufgerufen, Verbesserungsvorschläge zu machen (siehe Kasten rechts). Spiel wird die Jury leiten, die die Ideen prämiert.
KURIER: Bei „Pimp my School“ werden Schüler gefragt. Werden sie in der Bildungsdebatte zu wenig gehört?
Christiane Spiel: Vermutlich schon. Aber es wird besser. Generell sollten Schüler mehr eingebunden werden. Das gilt nicht nur für das, was in der Schule passiert, sondern auch für wissenschaftliche Erhebungen. Es sollte nicht nur gefragt werden: Wie kamen Neuerungen in der Schule und bei Lehrern an? Sondern auch: Wie haben Schüler diese erlebt?
Schüler dürfen Vorschläge machen. Was ist aus Sicht der Wissenschaft die beste Schulform?
Die Frage ist schwer zu beantworten. Denn die Qualität steht und fällt mit dem Unterricht: Regt er zur Motivation an? Zur Freude am Lernen? Das sind wichtige Kriterien. Die Schule kann zwar Rahmenbedingungen schaffen – aber diese können guten Unterricht nicht ersetzen.
Solch eine Rahmenbedingung ist auch das Schulhaus.
Ja, die Schule soll ein Ort sein, der das Lernen emotional unterstützt – es geht um Wohlfühlen im Klassenzimmer. Nicht nur: Ziel ist auch eine kognitive Unterstützung, um besseres Lernen zu ermöglichen. Schüler sollten auf unterschiedliche Weisen lernen können – etwa in kleinen Gruppen. Das geht oft mit den vorhandenen Räumen, indem man die Gänge mitbenutzt und den Musiksaal oder einen anderen Raum umfunktioniert. Das kann die Schulleitung aktiv angehen.
Was soll jungen Menschen in der Schule heute vermittelt werden? Was können sie in 20, 30 Jahren noch gebrauchen?
Manche Inhalte bleiben natürlich gleich: mathematische Anwendungen oder Sprachen. Zentrale Aufgabe wird zukünftig aber sein, Lernmotivation und Interesse an Bildung zu fördern sowie die Kompetenzen zu vermitteln, diese Bildungsmotivation auch erfolgreich umsetzen zu können. Letztlich geht es damit um die Basis für lebenslanges Lernen. Wie man das schafft, wissen wir aus der Wissenschaft.
Sind diese wissenschaftlichen Erkenntnisse bis zu den Lehrern vorgedrungen?
Vermutlich nur zum Teil. Im Bildungsbereich ist es nicht einfach, diese Erkenntnisse in die Praxis umsetzen. Denn wenn es in der Medizin und in der Technik neue Entdeckungen gibt, gibt es einen Markt, der daran Geld verdient. Wenn es aber neue Erkenntnisse in der Lernpsychologie gibt, stellt sich die Frage: Wer zahlt, dass dieser Transfer hergestellt wird? Er ist auch deshalb schwierig, weil man Einstellungen ändern muss. Wenn aber der Staat will, dass in der Bildung das neueste Wissen umgesetzt wird, muss er Geld in die Hand nehmen.
Es gibt also Möglichkeiten, Lust auf Lernen zu machen.
Ja, sicher. Zum Beispiel, indem man den Unterricht mehr an die Interessen der Schüler anknüpft. So kann der Lehrer etwa zu Beginn des Schuljahres fragen: Welche Themen interessieren euch? Hier kommen häufig Sachen, die mit dem Alltag der Schüler zu tun haben. Während des Schuljahres nimmt man dann keine oder weniger Beispiele aus dem Mathematikbuch, sondern aus den Interessensgebieten der Schüler. Der Vorteil: Die Kinder sehen gleich, wie sie das Wissen in der Praxis anwenden können. Oder der Lehrer verstärkt den Projektunterricht bzw. gibt Aufgaben, die offene Lösungen haben. Das könnte etwa sein: „Gestaltet eine Zeitung über die französische Revolution.“
Da braucht es Teamarbeit.
Ja. Das Endprodukt ist nur dann gut, wenn alle Teile gut sind. Damit gibt es auch weniger Konkurrenz. Natürlich müssen die Schüler wissen, wie man im Team arbeitet. Es genügt nicht, den Kindern zu sagen: „Jetzt macht diese Aufgabe gemeinsam.“ Vielmehr gilt es ihnen zu vermitteln, wie man im Team erfolgreich arbeitet: Regeln, an die man sich halten muss; die Aufgaben so zu verteilen, dass jeder ein Erfolgserlebnis hat; einen Koordinator finden etc.
In Österreich wird immer noch zu sehr auf Fehler geachtet.
Lehrpersonen geben viel kontrollierendes Feedback. Wenn ein Kind nicht so gut ist, bekommt es daher oft zu hören, was es nicht kann. Daraus kann es aber nichts lernen. Hier sind Hilfestellungen wichtig. Fehler sind Lerngelegenheiten und sollten auch so genutzt werden.
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