Welche Reformen wollen Schüler?

Bei „Pimp MySchool“ sollen Schüler Vorschläge für einen idealen Unterricht machen.

Geht es um Schulreformen, werden fast alle gefragt: Lehrer, Eltern, Politiker oder Wissenschaftler. Die Betroffenen selbst – die Schüler – kommen kaum zu Wort. Die Wiener Gesellschaft für Bildungspolitik WBS will das ändern und schreibt den Schülerwettbewerb „Pimp MySchool“ aus, der auch vom KURIER unterstützt wird (siehe Bericht unten). Für die Umsetzung ist der ehemalige Bundesschulsprecher Nico Marchetti verantwortlich. Ein Gespräch über Schulalltag, Reformen und gute Ideen.

KURIER: Schüler sollen innovative Ideen zur Schule finden. Wo herrscht der größte Reformbedarf?

Nico Marchetti: Der Fokus müsste mehr auf das Klassenzimmer und den Schulalltag gerichtet werden. In den Medien liest man zwar viel von Reformen. Doch wenn man in der Schule sitzt, spürt man davon wenig. Es braucht einen neuen Zugang – eine Reform der Reformen. Weg von der schwerpunktmäßigen Orientierung an Expertenmeinungen und Lehrerinteressen hin zu den Schülern.

Gibt es in der Bildungsdiskussion oft ideologische Reflexe?

Auf jeden Fall. Wir sollten uns ein Beispiel am deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen nehmen. Hier wurde der Bildungsfrieden ausgerufen. Alle Parteien setzen sich ohne Scheuklappen hin, einigen sich auf guten Ideen und setzen diese ohne mediale Schlammschlacht um. Das wünschen sich wohl auch in Österreich alle Beteiligten. So etwas brauchen wir.

Für „Pimp MySchool“ sollen Schüler Vorschläge machen.

Genau. Wir geben Schülern die Chance, vor einem prominenten Publikum und Entscheidungsträgern der Bildungspolitik ihre Ideen so spektakulär wie möglich zu präsentieren. Die drei besten Ideen werden von einer hochkarätigen Jury ausgezeichnet. Uns war es wichtig, hier die Schüler einzubinden, deswegen ist auch die Wiener Landesschülervertretung in der Jury vertreten.

Was erwartet Sie sich davon?

Zwei Dinge. Einerseits wollen wir Schüler motivieren, sich über Innovationen Gedanken zu machen und sich langfristig bildungspolitisch zu engagieren. Dazu stellen wir dank Sponsoren attraktive Geldpreise bereit. Damit können die Schüler ihren Klassenraum neu gestalten oder Ideen direkt umsetzen. Andererseits wollen wir bei Entscheidungsträgern ein Bewusstsein schaffen, dass die Ideen der Schüler wichtig und fruchtbarer Boden für Innovationen sind.

Manche Lehrer beherrschen ihr Handwerk nicht. Wie kann man erreichen, dass nur die Besten den Beruf ergreifen?

Die Ausbildung müsste modernisiert und in den Bolognaprozess eingegliedert werden. Das soll jetzt ja auch passieren. Bereits im Bachelorstudium müssten Praxiselemente integriert werden. So sieht jeder Student früh, ob der Beruf etwas für ihn ist. Es geht aber nicht nur um die Ausbildung. Die Grundfrage müsste sein: Wie kann ich Lehrer langfristig motivieren? Leider gibt es derzeit viel zu wenig Anreize. Ein Pädagoge weiß heute fix: Mit zunehmendem Alter verdient er mehr – unabhängig davon, wie gut er ist. Es bräuchte Leistungsanreize.

Ist nicht auch die Fülle des Stoffs ein Problem? Das Gelernte kann sich kaum festigen.

Das „Bulimielernen“ (Viel Stoff schnell auswendig lernen, ausspucken und vergessen, Anm.) muss ein Ende haben. Mit Bildungsstandards und Zentralmatura wird das hoffentlich anders. Es müsste mehr darauf geachtet werden, wie der Stoff vermittelt wird. Denn: Wer Zusammenhänge versteht, lernt leichter.

Immer noch dominiert die Parteipolitik in den Schulen. Werden so Reformen verhindert?

Die Parteipolitik in der Schule ist über die Jahre erstarrt. Zu durchbrechen, was sich über Jahrzehnte aufgebaut hat, ist natürlich schwierig und geht nicht von heute auf morgen. Deshalb werden außerparteiliche Kräfte oder Nichtregierungsorganisationen Druck ausüben müssen, um diese Erstarrung zu lösen.

Aber sind Schüler nicht auch Teil dieses Systems? Hier die SP-nahe Aktion Kritischer SchülerInnen (AKS) und dort die VP-nahe Schülerunion?

In der Schülervertretung spielen die Parteien eine sehr geringe Rolle. Die Schülerorganisationen haben ihre Positionen. Die AKS jubelt nicht partout, wenn Ministerin Claudia Schmied (SP) Vorschläge macht. Die Schülerunion hat genauso gegen die Vorgängerin Elisabeth Gehrer (VP) demonstriert. Die Schülervertretung ist sehr selbstbewusst und nicht auf den Mund gefallen.

Wiener Schüler sind aufgerufen, Ideen für eine innovative Schule zu finden und Vorschläge zu machen.Themen können z.B. sein: Tagesabläufe, neue Lern- formen, Autonomie, Schulbau etc. Wichtig: Die Ideen müssen tatsächlich umsetzbar sein.

Der Award wird von der Wiener Gesellschaft für Bildungspolitik und Schulmanagement (WBS) ausgeschrieben und gemeinsam mit der Wiener Landesschülervertretung durchgeführt.

Procedere

Ideen können von einem oder maximal zwei Schülern gemeinsam eingereicht werden. Einsendeschluss ist der 5. März 2013. Schüler schicken ein 3- bis 4-seitiges Konzept per Mail an wbs-wien@aon.at.

Nicht vergessen: Angabe von Name, Geburtsdatum, Telefonnummer, Schule und der Klasse. Nähere Details finden Wiener Schülerinnen und Schüler im Internet unter: www.wbs-wien.org

Die drei besten Ideen werden unter der Leitung von Prof. Christiane Spiel, der WBS und den Kooperationspartnern ( Erste Bank, UNIQA, JUFA, Schülervertreter, KURIER und Wirtschaftskammer) ausgewählt. Die Schüler präsentieren diese Vorschläge während eines zehnminütigen Vortrags bei der Schlussveranstaltung am 15. April 2013. Preisgeld: 1500 € für den 1. Preis, 1000 € für den 2. und 500 € für den 3. Preis.

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