Dieser Mann besitzt 90 Vespas

Vespa-Sammler Kurt Schermann.
Sie rollt und rollt und rollt. Generationen hat sie ein ganz bestimmtes Lebensgefühl vermittelt. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Am liebsten fährt Kurt Schermann mit seiner Vespa 150 GS, Baujahr 1962. "Die Italiener sagen, die GS ist das schönste Modell, das jemals gebaut wurde." Er hätte noch andere zur Auswahl. 90 Vespas besitzt der Medizintechniker. In seinem Museum in Oberwart hat er 60 seiner schönsten Modelle ausgestellt, darunter Raritäten, wie eine V98, das erste Vespa-Modell, das ab 1946 in Serie produziert wurde. Zwei Jahre restaurierte er das Stück originalgetreu. 18.000 wurden davon gebaut, heute gibt es noch 30.

Genau vor 70 Jahren, am 23. April 1946, reichte Enrico Piaggio, eigentlich Flugzeughersteller, das Patent für seinen Motorroller ein. "Sembra una Vespa" (Es sieht wie eine Wespe aus), soll Piaggio zum ersten Prototyps MP6 gesagt haben – der Roller, der ein Lebensgefühl verkörpert sollte, hatte seinen Namen.

Die Modelle im Rückblick

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Dieser Mann besitzt 90 Vespas

Einfachheit und Perfektion

Kurt Schermann wurde vor 30 Jahren mit dem Vespa-Virus infiziert und die Faszination hat ihn nie wieder losgelassen. "Einfachheit, gepaart mit Perfektion – es ist alles eine harmonische Einheit." Dafür wendet er praktisch seine gesamte Freizeit auf. Vespa fahren, das ist für die Vespisti – leidenschaftliche Vespafahrer also – gleichbedeutend mit dolce vita, bella Italia und Freiheit. Der Roller gehört zu den Swinging 60ies ebenso wie zur Mods-Bewegung, dem Film "Quadrophenia" oder zur Band The Who. Apropos. Schermann besitzt auch eine Vespa aus der limitierten "Mod"-Edition, die Piaggio mit fast 40 Seitenspiegeln und 20 Scheinwerfern versah. "Fahren kannst’ mit der aber eher ned."

Dieser Mann besitzt 90 Vespas
Vespa, alte Raritäten, Josef Faber,
Über seine Schaustücke kann er dafür viele Geschichten erzählen. Ältere Fahrer, die ihren Roller in guten Händen wissen wollten, haben ihm etliche Originale überlassen. "Gern geben die meisten ihre Vespa nicht her." Von einer 1962 angemeldeten 150er GS waren sogar noch Originalpapiere und Helm vorhanden. Dann gibt es auch das Vespa-Modell, das die französische Armee für Fallschirmpiloten anfertigen ließ. Baujahr 1956 ist sein tarnfarbengrünes Modell, und nagelneu. "Es war nie im Einsatz." Neben heute begehrten Modellen wie "Super Sprint" oder "Rally" steht auch eine blitzblaue Vytka, ein russischer Nachbau. Diese wurde zwischen 1955 und 1965 produziert, wirkt massiver – und der Ständer entspricht dem Stativ einer Kalaschnikow.

Dass das klassische Design auch in der Sowjetunion Anhänger fand, ist gar nicht so verwunderlich. "In Singapur, Vietnam und zunehmend auch China gibt es heute große Clubs", sagt Martin Stift, 46. Der Wiener ist Präsident des "Vespa World Clubs", dem weltweiten Dachverband für Vespaclubs. "Ob Singapur oder England – Vespa-Typen sind sich überall ähnlich, trotz unterschiedlicher Kulturen." Frauen sind genauso fasziniert. "Eine Vespa ist so etwas wie ein Haustier. Man hegt und pflegt sie", sagt Barbara Schieder. Sie leitet den Vespa Club Austria als eine der wenigen Präsidentinnen Europas. Martin Stift ergänzt: "Vespafahren ist eine Grundeinstellung fürs Leben."

Dieser Mann besitzt 90 Vespas
Vespa, alte Raritäten, Josef Faber,
Bei Chris Hurton, 50, trifft das in der Tat zu. Stolz erzählt der gebürtige Brite von einem Kinderfoto, das ihn als Dreijährigen mit Mutter und Brüdern auf der Vespa zeigt. Dass er als Teenager Mod wurde und mit seinen Freunden durch ganz England kurvte, scheint da fast vorgezeichnet gewesen zu sein. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht und restauriert in Wien beim Generalimporteur Faber Vespas. In Kontakt kamen sie 2009, als die "Vespa World Days", das größte internationale Vespa-Treffen, in Zell/See stattfanden. Was Chris an der Vespa begeistert? "Der Look ist einfach klassisch." Nachsatz: "Und auch der Sound." Gemeint ist das typische Brummen der Zweitakter-Motoren, an denen schon Generationen von Vespisti herumschraubten.

Oldtimer-Trend

Dieser Mann besitzt 90 Vespas
Vespa, alte Raritäten, Josef Faber,
Fans suchen vor allem alte Modelle. "In den Oldtimer-Registern sehen wir Zuwächse", sagt Stift. Sogar eine Wertanlage ist die Vespa also schon geworden. Für rare Modelle muss man bis zu 10.000 Euro hinlegen. Was keine Fehlinvestition sein kann, findet Josef Faber, der die Roller schon in zweiter Generation nach Österreich importiert. "Der Wert steigert sich. Es gibt wenige Fahrzeuge, die über die Jahrzehnte derart aktuell bleiben. Eine Vespa ist einfach zeitlos."

In seiner Familie gibt es derzeit 15 Vespas, darunter limitierte Editionen. Zu seinen Lieblingsstücken hat er "eine persönliche Beziehung" – etwa, weil die rote "Super Sprint" wie er selbst Jahrgang 1965 ist. "So eine hab’ ich lang gesucht, sie sind sehr selten." Die orange "Rally" verkaufte ihm ein Wiener, der sie vor einigen Jahrzehnten bei Fabers Vater gekauft hatte; die silberfarbene "150 Sprint", Baujahr 1971, besaß ein Onkel. Er überlegt noch, welche er heuer fahren wird. "Ich glaub’, die Super Sprint wird’s werden. Das ist das richtige fürs Sommerfeeling."

Web-Tipps:

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