„Nicht wegzudenken“
Andi Wojta lässt trotzdem nichts über die weiße Grundsauce kommen. „Sie ist sensationell und in der klassischen Küche nicht wegzudenken“, betont der Besitzer des Minoritenstüberl in Wien, der auch TV-Koch („Andi und Alex“) ist. Das hält er seit seiner Ausbildung bei heimischen Kochgrößen wie Reinhard Gerer und Franz Zodl (einer von Wojtas Vorgängern als ORF-Fernsehkoch).
Die Vorzüge der Béchamel liegen gleichermaßen in ihrer Einfachheit und Vielfältigkeit. „In der Küche ist sie wirklich ein kleiner Joker.“ Ob Fleisch, Gemüse oder Spinatpalatschinken: Dank ihres neutralen Geschmacks „passt sie zu allem, das überbacken wird“. Vor allem soll sie das Austrocknen verhindern.
Ein weiteres Plus aus Wojtas Sicht: „Eine Béchamel ist schnell gemacht und gerinnt im Gegensatz zu Oberssaucen nicht.“ Und der oft kritisierte Fettgehalt? Der ist im Gegensatz zu Obers „lächerlich“. Bleibt noch die häufige Kritik als „Mehlpampe“. Darüber lacht Wojta. Es komme nur auf das richtige Verhältnis der Zutaten an. „Dann hat man im Nu eine herrliche Grundsauce.“
Basis ist eine sehr helle Einbrenn aus Butter und zu gleichem Teil Mehl – ohne geht’s nicht. „Irgendwo muss ja die Bindung der Sauce herkommen“, erklärt Wojta. Die Einbrenn wird mit Milch aufgegossen, mit dem Schneebesen durchgerührt und köchelt dann eine Weile – unbedingt unter Aufsicht – vor sich hin.
Noble Herkunft
Was recht einfach klingt und auch in der Alltagsküche zu Hause ist, war in früheren Jahrhunderten durchaus ein Zeichen von Noblesse, das sich nur Reiche leisteten. Der Erfinder der molligen Creme ist allerdings unbekannt. Dass sie am französischen Königshof erstmals auftauchte, ist zwar belegt. Nicht aber, wer sie wirklich dort servierte. Zwei Herren sind unter anderem überliefert: Der italienische Koch der Königin Katherina von Medici (16. Jahrhundert) und Francois Pierre de la Varenne, berühmter Küchenchef des legendären Sonnenkönigs Ludwig XIV. (17. Jahrhundert). Varenne beschrieb die Sauce in einem seiner Kochbücher und könnte sie nach dem königlichen Haushofmeister Louis de Béchamel benannt haben. Der war manchen Quellen zufolge zwar des Kochens unverdächtig, soll aber ein großer Esser gewesen sein.
Die Franzosen und ihre Saucen – das ist überhaupt eine besondere Geschichte. Kochbuchautorin Elizabeth David erinnert in ihrem Standardwerk „Die französische Küche“ (Verlag Mandelbaum, 45 €) an den „geheimnisvollen, im 18. und 19. Jahrhundert entstandenen Nimbus um Saucen“. Hunderte Unterarten entstanden in langwierigen Prozessen des Kochens, Abseihens oder Reduzierens von Fonds und Essenzen.
Die Béchamel spielte da immer in der ersten Liga mit. Sie zählt noch heute zu den fünf großen Grundsaucen, „Muttersaucen“ genannt. Der französische Koch-Papst Georges Auguste Escoffier (1846–1935) kategorisierte diese so: Béchamel (weiße Sauce mit Milch), Espagnole (braune Sauce oder demiglace), Velouté (weiße Sauce mit Kalbsfond), Tomatensauce (rote Sauce) und Mayonnaise. Kalorien wurden damals eher nicht gezählt. Der Wiener Andi Wojta hat aber einen zeitgemäßen Standpunkt gefunden. „In einer ausgewogenen Ernährung hat auch eine Béchamel ihre Berechtigung. Man muss sie ja nicht jeden Tag essen.“
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