Waldviertel, wo es noch richtig wild zugeht

Wälder und Feuchtgebiete rund um das Kamptal sollen zum Nationalpark erklärt werden 
Echte, pure Wildnis ist zur Rarität geworden. Um sie zu erleben, muss man nicht immer Tausende Kilometer reisen, ein Ausflug ins Waldviertel reicht.

Matthias Schickhofer verlässt den markierten Waldweg des Schauensteinrundwanderwegs im Kamptal bei Pölla im Bezirk Zwettl. Zum Glück trägt er lange Hosen, es geht durch Brennnessel- und stechendes Brombeerdickicht, mit einem Stock bahnt er sich und seiner Wandergruppe den Weg.

Sein Ziel: eine der wildesten heimischen Stellen, die der Naturfotograf und Autor kennt. Viele Menschen kommen hier nicht her – viele Gelsen schon – die Gruppe ist fasziniert von der Wildnis am Kamp-Ufer.

Waldviertel, wo es noch richtig wild zugeht

Blick von der Ruine Schauenstein in "ungeordnete" Kamplandschaft.

Hier ist die Zeit stehen geblieben und gewährt einen Blick ins Waldviertel von vor sechstausend Jahren. Hier gibt es keine Fichten – die gibt es im Waldviertel zwar überall, allerdings nicht naturgegeben, sondern auf Menschenhand zurückzuführen. Stattdessen sind da Linden, Eschen und Ahorne, dazwischen Totholz.

Ein Paradies für die Artenvielfalt – Spechte, Käfer, Pilze und Flechten leben hier, bauen die Bäume ab. „Das ist ein urwaldähnlicher Wald, so hat das Waldviertel überall ausgesehen“, erklärt Schickhofer.

„Einen Naturwald erkennt man an seiner kugeligen Oberfläche, alte, mächtige Bäume ragen heraus“

von Matthias Schickhofer

Autor, Naturfotograf

Vom Burgfried der Ruine Schauenstein aus sieht man, was man nur eine halbe Stunde zuvor ganz nah gesehen hat, aus der Vogelperspektive – Brokkoliwald. „Einen Naturwald erkennt man an seiner kugeligen Oberfläche, alte, mächtige Bäume ragen heraus“, weiß der in Zwettl aufgewachsene Umweltschützer. Wildnis sei zur Rarität geworden. Viele erkennen einen „echten, ursprünglichen“ Wald nicht mehr, sagt er, auch deshalb sind die Orte in Gefahr, zerstört zu werden. Wer aber genau hinschaut, kann sie ausmachen.

Waldviertel, wo es noch richtig wild zugeht

Matthias Schickhofer schaut genau hin und will den Blick anderer schulen.

Waldviertel, wo es noch richtig wild zugeht

Und genau dabei will Schickhofer helfen. Dafür muss man nicht einmal Tausende Kilometer reisen, oft liegt die wilde Natur fast vor der Haustür – etwa im Waldviertel auf steilen Hängen und Felsfluren, in Bachgräben, entlang der Ufer, in moorigen Senken oder Schluchten.

In die Schlucht am Großen Kamp bei Rappottenstein führt Schickhofer seine Begleiter am nächsten Tag. Touristenströme gibt es hier keine, nur wenige Wanderer kommen vorbei. „Ich habe die Schlucht entdeckt, als ich als Teenager auf einem meiner Streifzüge durch den Wald war. Hier habe ich campiert“, blickt er zurück.

Waldviertel, wo es noch richtig wild zugeht

Der Kamp irgendwo zwischen Zwettl und Rappottenstein.

Obwohl er bereits viele Male hier war, glänzen seine Auge beim Anblick der Granit-Kolosse, die vom Wasser umspült werden, der Kamp bahnt sich seinen Weg.

Dort ist auch ein meterlanger Wasserfall. Sehen kann man ihn nicht, er verläuft unter den Steinformationen, wohl aber hören – ohrenbetäubend. Plätze wie diese kennt Schickhofer im Waldviertel Hunderte. Sechzig davon hat er gemeinsam mit Waldviertel Tourismus unter waldviertel.at/naturschauplaetze auffindbar und erlebbar gemacht. Mithilfe der Plattform und einer eigenen Naturerlebnisse-Broschüre können nun Interessierte die ursprüngliche, wilde Seite der Region entdecken.

Tipp: Ein Weekender in die Region erscheint am 20. August in der KURIER freizeit.

Waldviertler Knödelspezialitäten: Wirtshaus im Demutsgraben, Niederstrahlbach bei Zwettl

Waldviertler Haubenküche: Der Kolm Restaurant, Schönfeld bei Arbesbach

Relaxen und Genuss: Hotel Schwarz Alm, Zwettl

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