Auf Kreuzfahrt in Südfrankeich: Die Welt am Ufer vorbei ziehen lassen
Ein letzter Blick aus dem Kabinenfenster, bevor der Polster ruft. Ein paar Lichter am Ufer, ein Stück Nachthimmel und der dunkle Fluss, der friedlich draußen vorbeigleitet, als gäbe es in diesem Moment nichts Besseres zu tun.
Einer der friedlichsten Momente einer Flusskreuzfahrt ist der, wenn man sich abends vom Heute verabschiedet – mit dem Gedanken daran, dass man morgen früh woanders aufwachen wird. Dann hat diese Art des Reisens ihre Wirkung getan, hat eine Entspannung herbeigezaubert, die sich schwer mit jeder anderen Art des Ortswechsels vergleichen lässt.
Wo sonst als auf einem Fluss ist man immer zwischen zwei Orten, immer nah an Land, das man sehen, hören und manchmal riechen kann – trotzdem immer ein bisschen im Nirgendwo und fühlt sich genau dort zu Hause.
Hochseekreuzfahrer, die irgendwo in lichten Höhen an der Reling stehen und bis zum Horizont schauen, werden wohl über diese schlanken, kleinen Schiffchen die Nase rümpfen. Doch Flusskreuzfahrer genießen genauso entspannte Eleganz an Bord – und die reicht vom Galadiner, das seinen Namen verdient, bis zum Cocktail, der dem abendlichen Ausblick vom Sofa aus an Deck die richtige Stimmung verleiht.
Was hier angenehm fehlt, ist die Gigantomanie der Hochseeschiffe. Alles ist kleiner, familiärer, persönlicher. Selbst der Kapitän hat nicht das pompös kitschige Traumschiff-Format, sondern ist nach ein paar Tagen der Du-Freund, dem man nicht nur als Uniformträger, sondern als Mensch schätzen lernt.
Einpark-Künste
Dass das Navigieren auf einem Fluss wie der Rhone im Süden Frankreichs mit ihren Dutzenden Schleusen seine ganz eigenen Tücken hat und entsprechendes Kapitäns-Können verlangt, begreift man rasch. Spätestens aber dann, wenn man zuschaut, wie der Mann auf der Brücke die hundertzehn Meter Schiff auf den Zentimeter genau in einen Schleusenkanal wuchtet. Wer dann an eine zu enge Parkgarage denkt, liegt richtig. Mit dem Schiffshintern – ein Hilfsausdruck für unverbesserliche Landratten – müsse man sich dabei von der Mauer auf der Gegenseite einen Schubser abholen, erfährt man vom Fachmann. Das sollte man in der Parkgarage vermeiden.
Seemannsgarn einmal beiseite: Eine Flusskreuzfahrt ist dem Landleben viel näher als eine auf hoher See. Umso besser, wenn dieses Landleben dann in der Provence stattfindet – mit all dem, was es dort zu entdecken und zu genießen gibt. Die mittelalterlichen Burgen und Kirchtürme hat man schon von Deck aus bestaunt. Beim Landausflug spaziert man hin – quer durch die Gässchen von Altstädten, von denen jede ihren eigenen Charakter bewahrt hat. Manchmal sind diese Gassen still und verlassen und in der einzigen Bar vor Ort hat man die Kaffeemaschine schon ein paar Tage nicht mehr angeheizt. Die paar alten Stammkunden, die hier noch vorbeischauen, nehmen auch schon vormittags lieber ein Glas Roséwein.
Anreise
Direktflug Wien– Lyon, etwa mit Austrian (1:35 Std.). - Kompensation für die Flüge: 22 €
Package
Der Flusskreuzfahrt-Spezialist GTA bietet eine 7-tägige Kreuzfahrt auf der Rhone an, inkl. Vollpension ab rund 1.250 Euro. Wer sich das schönere Oberdeck plus französischem Balkon gönnen will, zahlt 500 Euro mehr
– Die bequemste Anreise bietet der Flug plus Transfer an Bord des Schiffes um 400 Euro. gta.at
350 Euro kostet das Paket für sämtliche Ausflüge untertags, inklusive der Besichtigungen. Wer sich lieber alleine auf den Weg macht, von den Anlegeplätze sind Orte und Städte gut zu Fuß zu erreichen
Auskunft
france.fr/de
Entspannte Eleganz
Nur ein paar Flussmeilen weiter entfaltet die Provence die entspannte Eleganz, von der Briten und Amerikaner so gerne schwärmen: Hier eine Galerie, dort ein Altwarenladen, wo man vom Silberbesteck bis zum Louis-de-Funès-Filmplakat alles entdecken kann. Man muss schon die Augen zu und die Geldbörse sehr fest an sich drücken, um nicht aus jedem dieser Städtchen mit ein paar örtlichen Spezialitäten zurückzukommen: Hier gibt es Nougat, dort scharfe Würste – und das eingelegte Gemüse schwimmt in so zierlichen Gläsern, dass es zu Hause vermutlich im Regal, statt auf dem Esstisch enden wird.
Dass es hier Sehenswürdigkeiten von Weltrang gibt, muss man nicht erwähnen. Der Papstpalast in Avignon, die antike Arena von Arles, die Schwärme von Flamingos, die in den Sümpfen der Camargue auf dem Weg nach Afrika halt machen: Natürlich sind das Höhepunkte einer solchen Kreuzfahrt auf der Rhone. Was aber wirklich zählt, ist das dazwischen, die unerwarteten Begegnungen mit dem tiefen Süden Frankreichs.
Wenn man eine von der Neuzeit weitgehend vergessene Stadt wie Viviers erkundet, oder sich morgens, wenn das Schiff angelegt hat, alleine auf den Weg macht, um irgendwo auf einem Wochenmarkt – Franzosen lieben Märkte – mutig ein frisches Croissant auf Französisch zu bestellen. Im Gegensatz zu den Hochsee-Titanen sind Flusskreuzfahrten familiärer, und bieten auch mehr Freiheiten, wenn man einmal nicht einem Reiseführer hinterherlaufen möchte. Am Abend trifft man die Reisegefährten – man lernt sich an Bord rasch kennen – ohnehin auf Deck zum Plaudern wieder. Und während man Souvenir-Beute vergleicht und verkostet und Reiseanekdoten austauscht, gleitet wieder die Landschaft vorbei – bis zum nächsten Ziel am nächsten Morgen.
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