Kralicek geht essen: Glück à la carte

Es wäre ein schönes Kunstprojekt, die Gesichter von Menschen zu fotografieren, denen der Kellner gerade einen dampfenden Teller mit ihrem Lieblingsessen hinstellt. Oder ein kühles Glas Bier. Es wären Bilder reinen Glücks.

Glück ist, wenn dir jemand eine warme Mahlzeit serviert. Die Momente, in denen das Essen kommt, gehören zu den schönsten unseres Alltags. Sie halten das für übertrieben? Dann achten Sie nächstes Mal im Wirtshaus doch einmal auf die Gäste nebenan, wenn denen gerade ein Teller auf den Tisch gestellt wird. Sie werden sehen, dass neun von zehn in diesem Moment ein seliges Lächeln im Gesicht haben.

Für Kunstprojekte werden immer wieder Gesichter von Menschen fotografiert, die gerade einen Orgasmus haben. Diese Gesichter sehen meist ein bisschen komisch aus, sie haben die Augen geschlossen und sind zu Fratzen verzerrt. Wüsste man es nicht besser, würde man glauben, dass sie gerade starke Schmerzen erleiden. Es wäre mal ein schönes Kunstprojekt, die Gesichter von Menschen zu fotografieren, denen der Kellner gerade einen dampfenden Teller mit ihrem Lieblingsessen hinstellt. Oder ein kühles Glas Bier. Oder eine duftende Tasse Kaffee. Es wären Bilder reinen Glücks.

Anscheinend werden in diesen Situationen unsere ältesten Instinkte getriggert: Genau so strahlten einst schon Herr und Frau Neandertaler in ihrer Höhle, wenn der Mammutbraten endlich gar war. Wie tief die Emotionen sind, die da angesprochen werden, merken wir erst, wenn das Essen einmal nicht in angemessener Zeit auf dem Tisch steht. Wir können dann ziemlich unrund werden. Nicht, weil wir Hunger haben, davon kann meistens ja nicht wirklich die Rede sein. Sondern weil uns das Gefühl zutiefst empört, dass wir um unser Glück gebracht werden sollen. Es ist faszinie- rend: Offenbar hört der Mensch einfach nicht auf, sich wie ein Kind zu freuen, wenn er was zu essen kriegt. Das Lächeln in seinem Gesicht ist verräterisch. Es erklärt, warum die meisten von uns so gern essen gehen, warum wir so viel übers Essen reden, warum manche sogar Fotos von ihrem Essen verschicken. Das Glück ist ein Vogerlsalat.

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