Kolumbien: Wo Südamerika seine schönste Seite zeigt
Der beste Tipp für eine Reise nach Kolumbien? Niemandem zu erzählen, dass man nach Kolumbien reist. Ob das nicht gefährlich sei? Ob man sich auch ja nichts ins Gepäck stecken lasse? Ob man denn nicht diese Netflix-Serie gesehen habe? Dem Land eilt ein Ruf voraus. Kolumbien, das war einmal ein No-go-Gebiet, ein von Drogen- und Bürgerkrieg zerrüttetes Land, um das Touristen lieber einen großen Bogen machten – und dessen Klischees bis heute bedient werden.
Dabei gilt das Land am Äquator schon seit Jahren als Geheimtipp, deutlich weniger überlaufen als etwa Costa Rica oder Peru. Landschaftlich kann es allemal mithalten: Kolumbien vereint majestätische Andengipfel und weite Steppen, den wilden Amazonas und die einsamen Küsten von Pazifik und Karibik.
Die Reise beginnt meist in Bogotá, mit 2.600 Höhenmetern eine der höchstgelegenen Hauptstädte der Welt und ein lange unterschätztes Juwel.
Acht Millionen Menschen leben hier, in der größten Metropole der Anden. Wo moderne Architektur auf koloniale Bauart trifft, Fortschritt auf Chaos – und Wohlstand auf Elend, nur einen Steinwurf entfernt. Die Orientierung ist einfach: Der Norden ist reich, der Süden arm. Die Straßen sind schachbrettartig angelegt und chronisch verstopft – „wie in New York“, schmunzelt ein Anwohner.
Raus aus der Stadt
Den besten Überblick hat man aus der Vogelperspektive, vom 3.152 Meter hohen Hausberg Monserrate mit seiner malerischen weißen Basilika aus dem 17. Jahrhundert. Pulsierendes Zentrum ist die Altstadt La Candelaria mit ihren herausgeputzten Häusern im Kolonialstil und großflächiger Straßenkunst. Dazu aufstrebende Gastronomie, Theater und Kulturstätten, schmucke Kirchen. Sehenswert sind das Botero-Museum und das Museo del Oro, das größte Goldmuseum der Welt. Bis man die Stadt hinter sich gelassen hat, dauert es. In Kolumbien, das so groß ist wie Deutschland, Frankreich und Spanien zusammen, sind die Wege lang und die Straßen holprig – sie im Bus zurückzulegen, lohnt sich dennoch.
Bogotá ist bekannt für seine großflächige Street Art – viele Graffiti sind von namhaften Künstlern
Den besten Ausblick über die Andenmetropole hat man vom Hausberg Monserrate
Die Legende von El Dorado, dem sagenumwobenen Goldreich, hat sich nicht bewahrheitet. Am nächsten kommt ihr das Goldmuseum in Bogotá: Es beherbergt mit mehr als 34.000 Objekten die weltweit größte Sammlung prähispanischer Goldschmiedekunst
Auf dem Weg ins östliche Hochland, dem historischen Herzen des Landes, werden aus schroffen Andengipfeln sanfte Hügel, aus sattgrünen Viehweiden andine Hochmoore. Eingebettet in diese wilde, scheinbar unberührte Landschaft, liegt die Kolonialstadt Villa de Leyva. Einst diente sie als Erholungsort spanischer Vizekönige. Heute kommen die Großstädter zur Sommerfrische, genießen die ganzjährig frühlingshaften Temperaturen und die Ruhe zwischen jahrhundertealtem Kopfsteinpflaster und weiß getünchten Häuschen. Dahinter ragt der Nationalpark Iguaque mit seiner heiligen Lagune in den Himmel, nach der Mythologie der indigenen Muisca die Wiege der Menschheit und heute ein beliebtes Wanderziel.
Einen Besuch wert ist auch Zipaquirá, die Stadt, in der Literaturnobelpreisträger Gabriel García Márquez zur Schule ging und die einst ein wichtiges Handelszentrum für Salz war. Heute kommt man wegen der unterirdischen Salzkathedrale, mit rund 8.500 Quadratmetern die größte ihrer Art weltweit.
Weiß getünchte Häuser und Kopfsteinpflaster: Villa de Leyva beeindruckt mit seinem kolonialen Stadtbild - und ist heute ein beliebtes Ausflugsziel der Bogotaner
Die Catedral de Sal wurde in einem alten Salzbergwerk rund 40 Kilometer von Bogota entfernt gebaut. Die Kathedrale ist die größte ihrer Art weltweit
Biodiversität im Kaffeeherz
Die meisten Reisenden zieht es weiter ins Departement Quindío, das Kaffeeherz Kolumbiens, mit seiner unglaublichen Biodiversität. Bananenstauden, Eukalyptuswälder und Kaffeesträucher bedecken die fruchtbaren Steilhänge. Allein vierzig Avocadosorten werden hier angebaut, erzählt Fahrer Raúl mit einem Anflug von Stolz, während er den Bus durch die Serpentinen lenkt. „Ihr Europäer kennt ja nur die kleinen Hass-Avocados.“
Immer wieder hebt er die Hand vom Lenkrad, zeigt mit dem Finger auf ein neues Panorama, das sich hinter den Kurven auftut: Zwischen dichtem Grün und dunstigen Nebelschwaden tauchen die wilden Wasserfälle, kleinen Kaffeefincas und idyllischen Bergdörfer auf.
Salento und Filandia sind die bekanntesten von ihnen. Weiß gestrichene Lehmhäuser mit quietschbunten Fensterrahmen schmiegen sich aneinander, beherbergen kleine Handwerksläden und geschäftige Restaurants.
Die gut erhaltenen bunten Häuser von Filandia haben das Dorf in der Kaffeezone zu einem beliebten Ausflugsziel gemacht
200 Jahre alt kann die bis zu sechzig Meter hohe Wachspalme im Cocora-Tal werden. Im Jahr 1985 wurde sie zum Nationalbaum des Landes erklärt. Heute ist sie vom Aussterben bedroht
Nur die roten, reifen Kaffeekirschen werden geerntet: Kolumbien ist weltweit drittgrößter Kaffeeproduzent
Auch für Ornithologen ist die Gegend ein Traum. Wer Glück hat, kann im berühmten Cocora-Tal mit seinen weltweit einzigartigen, bis zu sechzig Meter hohen Wachspalmen Andenkondore sichten, mächtige schwarze Greifvögel mit einer Flügelspannweite von mehr als drei Metern. Insgesamt gibt eintausendneunhundert registrierte Vogelarten, darunter allein hundertfünfzig verschiedene Kolibris. Nur Brasilien ist artenreicher – bei fast achtmal so großer Fläche.
Wohin nun?
Zu sehen gäbe es noch viel. Die Salsa-Hauptstadt Cali im Westen zum Beispiel, oder die archäologische Stätte San Agustín im Süden. Doch für viele geht die Reise weiter in den Norden des Landes. Dort locken Medellín, Santa Marta oder die Traumstrände der Karibik, etwa auf den Inselgruppen San Andrés oder Rosario mit weißem Puderzuckersand und Kokospalmen.
Und dann ist da natürlich noch Cartagena de Indias: Die wohl prächtigste aller Kolonialstädte dampft nicht nur vor Luftfeuchtigkeit, sondern auch vor Lebensfreude. Noch ausgelassener, noch lebensfroher wirken die Costeños (Küstenbewohner). „Dios te bendiga“, ruft der Taxifahrer zum Abschied zu – Gott segne dich. Ein Straßenhändler wird zum König („Rey“), ein Getränkeverkäufer zum Liebhaber („Amor“), wenn sich Reiseleiterin Luisa in der Altstadt einen Weg durch die Menge bahnt. Die ist selbst in den heißen Mittagsstunden gut besucht.
Pferdekutschen und Straßenhändler in der Altstadt von Cartagena
Die Palenqueras in ihren bunten Kleidern und mit Obstkörben gehören zum kulturellen Erbe Cartagenas. Bei Touristen sind sie ein beliebtes Fotomotiv
Ihren wahren Zauber entfaltet die Märchenstadt aber erst in der Dämmerung, wenn das Laternenlicht auf die dicken Stadtmauern fällt und die Skyline des Finanzviertels Bocagrande im Mondschein glitzert. Dann werden auf den Plätzen karibische Köstlichkeiten kredenzt und tanzen die Straßenkünstler im ehemaligen Armenviertel Getsemaní. Und spätestens dann versteht man, warum „Gabo“ der Stadt ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Weil Cartagena – weil Kolumbien! – so schön ist, dass man am liebsten allen davon erzählen möchte.
Anreise
Nach Bogotá muss man ab Wien umsteigen (z. B. mit Iberia via Madrid oder Lufthansa Group via Frankfurt/Zürich). -Kompensation via atmosfair.de: 190 Euro
Package
Hofer Reisen bietet die Reise „Kolumbien – Rundreise & Baden“ (acht Nächte Rundreise und fünf Nächte im Badehotel) im Herbst 2024 und Winter 2025, buchbar bis 15. 10. 2024. Termine: 15. 11.–29. 11./1. 12.– 15. 12./13. 1.–27. 1./ 23. 1.–6. 2./5. 2.–19. 2.; Preis ab 2.999 € p. P. im DZ, inkl. Flüge, Reiseleitung (dt.), Eintritte und Programm: Bogotá,
Zipaquirá, Villa de Leyva, Kaffeezone, Cartagena. Buchung: hofer-reisen.at
Sicherheit
Die Sicherheitslage in Kolumbien hat sich in den letzten 20 Jahren deutlich verbessert. Einige Gebiete, insbesondere ländliche, sollte man meiden, etwa die Grenzregionen zu Venezuela und Ecuador. colombia.travel/de
Kommentare