Vor einer Reise nach Ecuador braucht man sich nicht zu fragen, was man sich ansehen sollte. Sondern, was man irgendwie weglassen kann: Muss ich in Otavalo wirklich den Markt der Indigenen und die Lagune sehen? Und auch die Städte des Andenhochplateaus südlich von Quito, ist die Straße der Vulkane wirklich so spannend? Und die Küste am Pazifik? Wie viel Zeit brauche ich in Quito, wie viele Kirchen und Kolonialbauten. Reicht ein Ausflug in den Cotopaxi Nationalpark oder doch eine Wanderung? Muss es in den Nebelwäldern die Schmetterlings- und die Orchideenfarm sein? Habe ich irgendwie Zeit für das Amazonasbecken?
Und dann sind da ja auch noch die Galapagosinseln.
Die bittere Antwort: Man sollte nichts davon weglassen. Aber dann braucht man mindestens vier Wochen für Ecuador. Das Land vereint im Kleinen (es ist das viertkleinste Land des Kontinents, aber trotzdem drei Mal so groß wie Österreich) ganz Südamerika. Und ist deswegen vielleicht die beste Destination, sich diese Weltregion zu erschließen.
Die Mischung des Kontinents
Ecuador versteht sich als pais mestizo. Der spanische Begriff für „Halbblut“ meint in Lateinamerika die Mischung von Ethnien, die sich durch die lange Kolonialgeschichte ergeben hat: Dazu gehören Schattierungen aller Hautfarben, aber vor allem der Bezug auf das indigene Leben. Es gibt dem „Gemischten“ einen Wert, das zeugt von Versöhnung mit dem Kolonialen, aber auch von Anerkennung noch sehr abgelegen lebender Stämme.
Dass man sich das nicht allzu romantisch vorstellen darf, zeigt die Gewalt im Rahmen der aktuellen Wahlen in Ecuador. Politiker wurden erschossen, das Land leidet unter Korruption und (Drogen-)Kriminalität. Allerdings ist das hier – im Vergleich zu anderen Ländern Südamerikas – eher neu und für Touristen nicht sichtbar.
Höchst gelegene Hauptstadt der Welt
Zu der besonderen Mischung Ecuadors trägt die Höhenlage bei: Menschen leben hier von Meeresniveau bis auf 4.200 Meter, darüber ist dann zweitausend weitere Höhenmeter der Schnee. Wie viel Leben es bis dahin gibt, sieht man als Ankömmling gleich in Quito.
Hier beginnt jede Ecuadorreise, genauer gesagt mit dem spektakulären Landeanflug auf die mit 2.850 Meter höchstgelegene Hauptstadt der Welt. Bei dem haben alle nur Augen für die 20 (der insgesamt 96 ecuadorianischen) Vulkane um Quito. Dabei lohnt der Blick hinunter auf das Hochtal, in dem sich die Stadt sechzig Kilometer weit ausgebreitet hat, die Altstadt (seit 1978 UNESCO Welterbe) mit ihren braunen Dächern macht nur mehr einen Bruchteil aus. Sie wurde einst in Quadraten errichtet und trägt den Namen damero – das Schachbrett.
Dominant ist auch der Hügel El Panecillo mit seiner 45 Meter hohen Virgen alada. Die Marienstatue mit Flügeln ist das Wahrzeichen Quitos, sie kämpft angeblich gegen alles Schlechte – auf einem Drachen reitend, die Ecuadorianer sind sehr naturreligiös. Abgesehen von dem Hügel gelten die Calle della Ronda als älteste Straße der Stadt und viel Koloniales als Hauptsehenswürdigkeiten – vor allem der Hauptplatz mit weißer Kathedrale, Rathaus und Bischofssitz; sowie tonnenweise Kirchen. Die Spanier errichteten einst alle zweihundert Meter eine samt Platz, um die Menschen zu christianisieren – und zu kontrollieren.
In die Anden
Wenn man sich vom Leben der Hauptstadt lösen kann, folgt man am besten dem Andenplateau nordwärts. Von 7.000 Kilometern des Gebirges liegen 870 in Ecuador, angeblich der schönste Teil, jedenfalls der vulkanisch aktivste. Nördlich von Quito trifft man auf den Äquator und seine absurde Inszenierung: ein Riesendenkmal mit Tamtam, leider 240 Meter zu weit südlich erbaut. Den Touristen ist es egal, sie zelebrieren den Ort und besuchen das nahe Intiñan Solar Museum, das wirklich auf dem Äquator steht – fast.
Dort wird unter anderem das Leben der Stämme im Amazonasbecken (dem Oriente) gezeigt. Östlich der Anden fällt Ecuador in diesen Dschungel ab, den unzugänglichsten Landesteil. Dort leben mittlerweile geschützt die „Unkontaktierten“. Um es dahin zu schaffen, braucht man etwa eine zusätzliche Woche.
Meerschweinchen essen
Einfacher kommt man nach Otavalo, der „Stadt der Indigenen“. Es ist der beste Ort, um sich dem Poncho- und Andenmusik-Flair zu ergeben. Und um cuy zu essen – das Meerschweinchen gilt in Ecuador als Delikatesse.
Hier lassen sich einige schöne Vulkane entdecken, wobei der König von ihnen südlich von Quito steht: Der Cotopaxi ist der höchste aktive Vulkan der Welt. Wer genug Zeit hat, sollte in seinem Nationalpark eine Wanderung machen.
Dafür eignen sich auch die fantastischen Nebelwälder bei Mindo. Wo Meeresklima auf Andenluft trifft, hat sich auf rund 1.900 Meter Höhe eine unglaubliche Biodiversität voller Bromelien, Orchideen, Schmetterlinge und Kolibris entwickelt.
Wobei man ehrlich sagen muss: Wer wegen der Pflanzen und Tiere nach Ecuador kommt, muss ohnehin auf die Galapagosinseln. In diese surreale Welt tausend Kilometer fern der Küste, zu Meeresechsen und Riesenschildkröten. Dafür braucht man allerdings noch eine zusätzliche Woche. Und mehr Text, weshalb wir diese Geschichte demnächst erzählen ...
Anreise: Nach Quito muss man ab Wien umsteigen (z. B. mit KLM über Amsterdam). Die CO2-Kompensation für diese Strecke (3,5 t) beträgt via climateaustria.at hin/retour: 86 Euro.
Package:Raiffeisen Reisen bietet die Rundreise „Ecuador/Galapagos – auf den Spuren von Charles Darwin“ im Jahr 2024 (2023 ist ausgebucht): 28.2.– 11.3. 2024/ 20.–31.5. 2024 / 7.–18.10. 2024 / 11.–22. 11. 2024; Preis ab 4.790 € p.P. im DZ/ÜN/F, inkl. Flüge, Reiseleitung, (dt.), Eintritte und Programm: Quito, Äquator, Nebelwald, Otavalo, Cotopaxi, Galapagos. Infos: In allen Raiffeisen Reisen und Geo Reisebüros, Tel. 0800/66 55 74, eMail: info@raiffeisen-reisen.at
5.897 Meter hoch ist der Cotopaxi – Ecuadors Nationalvulkan.
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