Der Charme von früher: Wohnmobilurlaub auf Sardinien und im Waldviertel
Camping ist Freiheit. Und das bedeutet für jeden etwas anderes. Das ist wohl auch das Geheimnis hinter seinem Boom, weil jeder und jede das findet, was ihm oder ihr gefällt. Und das spürt und sieht man. Vor allem in der Hochsaison ist es eng geworden auf den Campingplätzen und von der Unbeschwertheit, dem direkten Kontakt mit der Natur und der Ruhe bleibt vielfach nur noch ein kaum wiederzuerkennender Rest übrig. Das heißt nicht, Camping im Juli und August würde keine Freude machen, es ist nur anders. Eher Cluburlaub als Abenteuer. Das muss man wollen. Unser Ding ist es nicht. Meine Partnerin, unsere beiden Kinder und ich weichen deshalb gerne aus und fahren in der Nebensaison.
Dann gibt’s weniger Leute, Hektik, Wartezeit und mehr Platz, Ruhe und Leichtigkeit. Gerade weil deutlich weniger los ist, ändert sich das Flair, tun sich andere Möglichkeiten auf: Fische fangen, Feuer machen, Würstel grillen, durch den Wald tigern und Hütten aus Ästen bauen – das sind Dinge, die die Kinder lieben – aber für die sie Raum brauchen. Wenn die Wägen dicht an dicht stehen, gibt es den nicht.
Zurück zum eigenen Rhythmus
In der Nebensaison ist Camping noch so, wie es damals war, vor dem Boom. Und all das entspricht viel eher unserer Vorstellung von Urlaub und von der Freiheit, die wir mögen. Angesichts der fehlenden Touristenhorden schärft sich der Blick für die schönen Details des Orts, der Umgebung und Flora und Fauna. Denn: Camping eröffnet einem unbekannte Gegenden, stellt einem neue Menschen vor und lässt einen Dinge kosten, die man vorher noch nie gegessen hat.
Dafür muss man nicht einmal weit wegfahren. Am Ottensteiner Stausee im Waldviertel etwa, rund um den sich die Bäume im September schon bunt färben, die Gesamtkulisse an Kanada oder Schweden erinnert und man vorzüglich durch Wälder wandern, Ruinen erkunden oder Greifvögel bei der Jagd beobachten kann. Dabei sind die Tage noch warm genug zum Baden und Stand-up-Paddeln, die Nächte jedoch schon angenehm kühl und der klare Sternenhimmel ist ganz großes Kino.
Auch Sardinien, ein Lieblingsziel der Boom-Camper, zeigt nur in der Nebensaison sein wahres Gesicht. Während rund um Ferragosto (15. August) noch die Festland-Italiener und halb Europa Rad an Rad stehen, atmet die Insel im September langsam durch. Neunzig Prozent der Urlauber treten die Heimreise an, das Eiland entspannt sich und findet zurück zu seinem eigenen Rhythmus. Und der ist langsamer, locker und fröhlich.
Die Freiheit der Nebensaison
Die Campingplätze sind plötzlich halb leer und oft steht man an der Ost- oder Westküste einsam in den Pinienwäldern im Schatten. Auf den Märkten und in den kleinen Feinkostläden wird man als Kunde umgarnt, man kann gustieren und genussvoll die lokalen Spezialitäten einkaufen oder bei einem Espresso das lokale Treiben beobachten. Die Restaurants in den Ortschaften und an den Stränden werden nicht länger überrannt. Man kriegt immer einen Tisch – und muss nicht stundenlang auf Pizza, Pasta oder das Primi di Mare warten.
Noch ein Vorteil: Dreht man sich am Strand vom Bauch auf den Rücken, liegt man nicht gleich auf dem Handtuch des Nachbarn, sondern zerstört maximal die mannshohe Sandburg und die gegrabene Kanallandschaft der Kinder. Kurzum: Alle sind freundlicher, umgänglicher und auch die Preise sinken. Während in der Hochsaison Camping längst kein günstiges Vergnügen mehr ist, werden in Nebensaison noch immer Beträge wie früher ausgerufen. Vor allem jene, die eine ACSI-Card besitzen, stehen dann teilweise für fünfzehn Euro pro Nacht. All-inclusive. Ein Hoch auf den antizyklischen Urlaub.
In der Nebensaison, sprich im Herbst, ist auch die Anschaffung einfacher: Wer Camper werden will, kauft dann Wohnmobile günstiger – was angesichts der aktuellen Mondpreise ratsam ist. Wenn nämlich die Urlaubszeit vorbei ist und die Leute bereits an Weihnachten denken, übersteigt das Angebot die Nachfrage. Wie man den kleinsten Preis heraushandelt, Schwachstellen erkennt und das beste Modell sowie den idealen Aufbau findet, erfährt man zum Beispiel im neuen Buch.
Campen ist Freiheit. Um sie zu genießen, muss man sich nur darauf einlassen. Ein bisschen loslassen. Nötige Dinge zu Hause lassen. Oder mal was liegen und gerade ungerade sein lassen. Raus aus der Komfortzone. Dann stellt sich schnell das Gefühl aus Kindheitstagen ein: Wald, Wasser, Feuer, Abenteuer. Und das spürt man abseits der Hauptsaison einfach intensiver. Von Pascal Sperger
Wohnmobilexperte
Pascal Sperger hat 2018 sein Wohnmobil gekauft – vier Monate hat er dafür gebraucht. Seither fahren seine Familie und er damit campen. Er schildert in seinem Ratgeber „Die besten gebrauchten Wohnmobile unter 15.000 Euro; Suchen, finden, kaufen!“, wie er das passende Modell gefunden und renoviert hat, welche Schwachstellen alte Wohnmobile haben und worauf es zu achten gilt beim Handeln und Kaufvertrag.
pascal-sperger.com
Urlaub im Wohnmobil
Seit Beginn der Pandemie erlebt Camping einen Boom. Wildcampen kann in vielen europäischen Ländern teuer werden – es lohnt sich, sich einen Stellplatz im Vorhinein auszusuchen. Dafür gibt es mittlerweile viele Plattformen im Internet wie:
camping.info
camperland.de
stellplatz.info
ACSI-Card
Mit der CampingCard ACSI steht man auf über 3.000 Campingplätzen in Europa in der Nebensaison zu vergünstigten Tarifen
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