Fashion Week: Diese Haute-Couture-Kleider muss man gesehen haben
Zehn Uhr morgens in Paris. Gut betuchte Kundschaft, Promis und Presse warten geduldig auf den Beginn der Chanel-Show. Doch statt des ersten Models erscheint Kuskus. Das achtjährige Springpferd wird von Charlotte Casiraghi geritten – in einer schwarzen Tweed-Jacke des französischen Modehauses. Zur Musik von Sébastien Tellier schreitet das Duo über den mit Sand bestreuten Laufsteg.
Ein kurzes Zeichen und Kuskus galoppiert an. Noch bevor Casiraghi mit ihm Richtung Ausgang verschwindet, werden die sozialen Medien förmlich mit Videos von ihr und ihrem Pferd geflutet. Viraler Moment gelungen.
Goldenes Zeitalter
Auch wenn das Internet über Tage hinweg scheinbar nur das Thema „Pferd auf Chanel-Laufsteg“ kennt – die Haute-Couture-Modewoche, die diese Woche in Paris stattfand, hatte natürlich noch viel mehr zu bieten. Chanels Chefdesignerin Virginie Viard zeigte nach dem tierischen Auftritt keine vom Reitsport inspirierte Kollektion, sondern ließ sich von den Zwanzigerjahren zu einer mit Federn und Fransen versehenen, frischen Sommerkollektion inspirieren.
Im Vergleich zur Prêt-à-Porter war die Haute Couture, deren handgefertigte Einzelstücke sich weltweit nur eine kleine Gruppe von Menschen leisten kann, stets der Ort für den ganz großen Auftritt. Die für die hohe Schneiderkunst typischen extravaganten Abendkleider gab es zwar auch dieses Mal zu sehen, doch so manchem kreativen Kopf stand der Sinn mehr nach Purismus.
Prise Gelassenheit
Zum Beispiel Maria Grazia Chiuri. Die Chefdesignerin von Dior wählte für diese Saison eine zurückhaltende Farbpalette: Schwarz, Weiß und Grautöne bildeten die Basis für Chiuris Fokus auf die Handwerkskunst, vor jene der Stickerei. „Diese Kollektion zelebriert das Atelier“, sagte die Italienerin gegenüber der Vogue. „Ich wollte erklären, dass es anders als in der Vergangenheit ist. (...) Das ist etwas, das es überall auf der Welt gibt. Wir haben verschiedene Ateliers – in Paris, in Indien – und einen Dialog zwischen ihnen.“ Das Traditionshaus arbeitet seit Langem mit der Chanakya School of Craft in Mumbai zusammen, die Frauen in Handwerken wie spezieller Stickerei ausbildet.
Dass zahlreiche von Chiuris Kreationen einer Palette von Brautkleidern gleichen, erklärt die Modemacherin mit der schwierigen Zeit, in der sich die Menschheit befinde: „Wir leben in einem Moment, in dem wir unsere Zerbrechlichkeit verstehen.“ Sie sei rund um Weihnachten aufgrund der steigenden Infektionszahlen etwas deprimiert gewesen – und musste sich beruhigen. „Diese Gelassenheit drückte sich in einem Gefühl der Reinheit aus.“ Diese Kollektion sei wie ein Inspirationsbuch für künftige Bräute.
Himmlische Kraft
Das optische Gegenteil gab es bei Fendi zu sehen. Kim Jones beendete mit seiner Science-Fiction-inspirierten Show die Haute-Couture-Woche. Während andere Häuser, wie Valentino, auch lässige Hosen zu Ballerinas auf den Laufstegen präsentierten, konzentrierte sich der Fendi-Kreativdirektor voll und ganz auf Abendmode mit spirituellem Touch. Als eine „Armee von Kaiserinnen, deren göttliche Reinheit mit himmlischer Kraft durchdrungen ist“, bezeichnete Jones seine Models. Könnten sie doch nur diese Pandemie beenden – man darf ja noch träumen.
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