Dritter Todestag: So steht es um die Modewelt nach Lagerfeld
Es soll eine türkische Wahrsagerin gewesen sein, die Karl Lagerfeld einst Großes vorhersagte: Für ihn werde alles erst beginnen, wenn es für die anderen Designer schon wieder vorbei sei.
Sie behielt Recht. 37 Jahre lang fungierte er als Chefdesigner für Chanel, satte 54 Jahre bei Fendi. Am 19. Februar 2019 starb der gebürtige Hamburger im Alter von 85 Jahren.
Drei Jahre nach seinem Ableben hat sich bei den beiden Modehäusern viel getan. Wurde Chanel-Nachfolgerin Virginie Viard von so manchem zu Beginn nicht zugetraut, die riesigen Fußstapfen füllen zu können, zeigen die aktuellen Geschäftszahlen: Trotz Pandemie beliefen sich die Umsätze des französischen Traditionshauses im Jahr 2020 auf 10,1 Milliarden US-Dollar, im ersten Halbjahr 2021 konnte das Unternehmen bereits auf zweistellige Umsatzzuwächse blicken.
Über 30 Jahre lang hatte Viard an der Seite von Lagerfeld gearbeitet. Auf eine sehr diskrete Art setzt sie die Arbeit in ihrer neuen Position fort: Ihre Interpretation der Chanel-Frau mutet frischer an – und im Gegensatz zu ihrem einstigen Mentor ist sie kein großer Fan von dekadenten Modeschauen.
Unerwartete Wahl
In einem der wenigen Interviews in ihrer neuen Funktion als Chefdesignerin, sagte sie gegenüber der Tageszeitung Le Figaro: „Ich war nie ein großer Fan kolossaler Spektakel, auch wenn es mit Karl großartig war.“ Und doch kam auch sie kürzlich nicht umhin, Charlotte Casiraghi auf einem Pferd über den Laufsteg galoppieren zu lassen (der KURIER berichtete).
Schlagzeilen machte jüngst die Neubesetzung in der obersten Etage. Ebenso wie bei Viard, entschied sich Alain Wertheimer, dessen Familie Chanel gehört, auch hier für keinen großen Namen in der Branche, sondern ernannte Leena Nair zur neuen Geschäftsführerin. Diese hat keine Erfahrung in der Modebranche, sondern wechselt vom Konsumgüterriesen Unilever zu Chanel. Sie wird gemeinsam mit Virginie Viard das Modehaus in die Zukunft führen.
Nachhaltigere Zukunft
Bei Fendi hatte Lagerfeld zu seiner Zeit für ein Thema immer vehementer Kritik geerntet: Während ein Modehaus nach dem anderen auf den Einsatz von Pelz verzichtete, frönte er weiter der Leidenschaft am Tierfell.
Seit dem Jahr 2020 ist Kim Jones Chefdesigner beim italienischen Label. Auch der Brite zeigt weiterhin Pelz auf dem Laufsteg, jedoch mit einem großen Unterschied: Bei ihm steht mittlerweile Upcycling, also die Wiederverwertung alter Pelzmode, im Fokus.
Altes, das neue Besitzer sucht, stand kürzlich auch bei Sotheby’s im Fokus: Karl Lagerfelds Nachlass. All die schönen Dinge, mit denen sich der Modemacher Zeit seines Lebens gerne umgab, werden im Zuge von drei Versteigerungen verkauft. Die Sammlung sei so vielfältig und überraschend, wie der Modeschöpfer es war, hieß es vonseiten des Auktionshauses.
In Monaco und Paris kamen Ende 2021 bereits Kunstwerke und Möbel, sowie Kleider unter den Hammer. Zu den Highlights gehörten Skizzen, die Lagerfeld normalerweise wegwarf – und eine Tasche. Das schwarze Chanel-Modell, das nie in den Boutiquen erhältlich war, erzielte einen Preis von 94.500 Euro – erwartet wurden dafür nur 2000 bis 4000 Euro. Somit handelt es sich um die teuerste jemals versteigerte Tasche.
Nicht weniger erfolgreich wird der dritte und letzte Teil der Auktion am 4. und 5. Mai in Köln sein. Unter den Hammer kommen einige seiner fingerlosen Handschuhe und das Zubehör von jemandem, der Lagerfeld wohl schmerzlich vermisst: seine Birma-Katze Choupette.
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