Linkshändigkeit: Ist sie einfach nur eine Spielart der Natur?

Linkshändigkeit: Ist sie einfach nur eine Spielart der Natur?
Eine Expertin räumt mit Vorurteilen auf: Linkshändigkeit gibt es seit einer Million Jahren – und sie ist kein Nachteil.

Wussten Sie, dass „die Hand Gottes“ – „la mano de Dios“ – eine linke war? Diego Maradona hat bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko (Viertelfinale ArgentinienEngland) mit seiner linken Hand das berühmteste Tor der Fußballgeschichte erzielt.

Das war natürlich irregulär – aber Linkshändigkeit (und auch Linksfüßigkeit) können in vielen Sportarten ein Vorteil sein. So sind Linkshänder überproportional in der Weltspitze der schnellen Sportarten Tischtennis, Cricket und Baseball vertreten, fand der deutsche Sportwissenschafter Florian Loffing heraus. Der Grund dafür dürfte einfach der Überraschungseffekt sein, dass der Gegner (selbst zumeist ein Rechter) einfach auf Rechtshänder eingestellt ist.

Linkshändigeit ist also nicht grundsätzlich besser als Rechtshändigkeit, aber eben auch nicht schlechter oder irgendwie anders, wie das lange vielfach vermittelt wurde. Und auch teilweise noch immer wird: „Es sind einfach nur zwei Seite derselben Münze“, sagt die Lehrerin Andrea Hayek-Schwarz, die selbst Linkshänderin ist.

Linkshändigkeit: Ist sie einfach nur eine Spielart der Natur?

Linkshänderin Andrea Hayek-Schwarz: "Zwei Seiten derselben Münze".

Linkshändigkeit existiert beim Menschen und dessen Vorfahren seit vermutlich mehr als einer Million Jahren, darauf weisen archäologische Waffen- und Werkzeugfunde hin. Sie ist „im Regelfall eine Normvariante, eine Spielart der Natur“, wie es in einer im Deutschen Ärzteblatt erschienenen Studie heißt – vergleichbar etwa mit unterschiedlichen Haarfarben.

„Linkshänder, die mit links schreiben und Rechtshänder, die mit rechts schreiben, erreichen im Schnitt das gleiche Bildungsniveau – nur Linkshänder, die die rechte Hand verwenden, schneiden schlechter ab“, fasst Hayek-Schwarz Studienergebnisse zusammen.

Anpassen, um nicht aufzufallen

Dass Linkshänder gezwungen werden, mit rechts zu schreiben und umzulernen, „das passiert zum Glück kaum mehr“. Was aber sehr wohl passiere: „Dass sich Kinder anpassen, um nicht aufzufallen.“

Das geschieht dann, wenn zum Beispiel im Kindergarten automatisch für Rechtshänder gedeckt wird (und das Besteck nicht in die Mitte des Tellers gelegt wird, was Wahlfreiheit bedeutet). Oder die richtige Haltung eines Stiftes nur mit der rechten Hand vorgezeigt wird. Oder negativ kommentiert wird, wenn ein Kind spontan mit der linken – also seiner dominanten – Hand grüßt. Oder sonst unbedachte Äußerungen fallen („da tust du dir doch weh, wenn du mit der linken Hand schneidest, lass das lieber“).

„In solchen Fällen stellen sich Kinder häufig unbewusst von links auf rechts um und so wird übersehen, dass sie eigentlich Linkshänder sind.“ Das ist vor allem bei jenen Kindern der Fall, die zwar linkshändig sind, aber eine gewisse Flexibilität haben, auch die rechte Hand verwenden zu können: „Es strengt sie aber deutlich mehr an und kostet viel Energie.“

Entspannter und ausgeglichener

So gesehen könnte der Prozentsatz von tatsächlichen Linkshändern noch deutlich größer sein als jene 10 bis 15 Prozent an praktizierenden Linksschreibern. Sobald aber diese Kinder mit links schreiben, seien sie viel entspannter, ruhiger und ausgeglichener – und ihre Schreibmotivation wird viel größer. Und eine häufige Elternsorge kann Hayek-Schwarz auch nehmen: „Es gibt heute eine einfache Schreibtechnik, bei der die Tinte nicht mehr verwischt.“ (Anleitungen auf www.linkehand.at)

Übrigens war sie selbst von diesem Schicksal betroffen: Auch sie passte sich als Kind an, schrieb rechts – und kam erst im Alter von zirka 45 Jahren darauf, eigentlich doch eine Linkshänderin zu sein. Heute ist sie Obfrau vom „Verein Linke Hand“ und berät Linkshänder. „Linkshändigkeit wird nur dann ein Problem und ein Nachteil, wenn sie nicht gelebt werden kann.“

 

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