Lass los: Wie Kinder das Fahrradfahren lernen

Lass los: Wie Kinder das Fahrradfahren lernen
Die guten alten Stützräder haben ausgedient. Am besten lernen Kinder mit einem Laufrad – und ohne überängstliche Eltern.

Die allerersten Minuten auf dem Rad sind aufregend, ein bisschen furchteinflößend und vermitteln ein erstes, leises Gefühl von Freiheit. In vielen Gärten des Landes wird der Osterhase heute kleine bunte Fahrräder verstecken – wie aber bringt man Kindern am besten bei, sicher und vor allem gerne Rad zu fahren?

Begeisterung für diese Art der Fortbewegung wecken Eltern idealerweise lange, bevor die Kinder zum ersten Mal in die Pedale treten. „Es hilft, wenn Kinder Radfahren als etwas Natürliches wahrnehmen“, sagt Ines Ingerle vom Verein Radlobby Österreich. „Wenn ich das Kind ständig im Auto herumkutschiere und dann plötzlich aufs Rad setze, hat das einen anderen Effekt, als wenn es von klein auf mit dem Rad mittransportiert wird.“

Stützräder sind überholt

Mit etwa zwei Jahren sind die koordinativen Fähigkeiten so weit entwickelt, dass die Kleinen reif für den Sattel sind. Während als Starthilfe lange Zeit Stützräder an das Kinderrad geschraubt wurden, gelten diese mittlerweile als überholt, ja sogar kontraproduktiv. „Das Beste ist, Kindern ab zwei bis drei Jahren ein Laufrad zu geben“, empfiehlt Ingerle. So lernen sie, das Gleichgewicht zu halten und haben bereits die wichtigsten Fähigkeiten, wenn sie auf das Kinderrad „umsatteln“.

Schubsen statt Schieben

Sobald die Eltern merken, dass sich der kleine Laufradler auf seinem Gefährt sehr sicher fühlt, ist es Zeit für ein Kinderrad mit Pedalen. Beim Kauf sollten sie der Versuchung, gleich ein größeres Modell zu nehmen, widerstehen, erläutert Rad-Profi Ingerle. „Das Wichtigste ist, dass das Rad auf die Körpergröße abgestimmt und möglichst leicht ist, weil das Kind sonst motorisch überfordert ist.“ Außerdem auf der Checkliste: Lenkerenden mit Gummistöpseln (bei scharfen Kanten drohen Verletzungen) sowie ohne viel Kraftaufwand zu bedienende Handbremsen.

Dann kommt er, der Moment, in dem Eltern endgültig loslassen müssen, und zwar im wörtlichen Sinn. Denn eine auf dem Sattel festklebende, übervorsichtige Hand von Mama oder Papa trägt nicht zur Eigenständigkeit bei. „Ich empfehle, das Kind nicht zu schieben, sondern beim Wegfahren leicht anzuschubsen, damit das Losfahren nicht so schwer fällt“, sagt Ingerle. Auch wenn der Gedanke so manchen Eltern den Schweiß auf die Stirn treibt, ist es ratsam, das Losfahren auf einer sanften (!) Neigung zu probieren. „Ermutigen Sie das Kind, selbst in die Pedale zu treten. Ich erlebe oft den lustigen Effekt, dass Kinder vom Rollen so erstaunt sind, dass sie nicht treten und erst wieder umkippen.“

Mehr Lebensqualität

Apropos: In diesem Fall rät Ingerle zu Gelassenheit. Kleine Stürze gehören dazu und sind kein Grund zur Panik. „Man sollte das Kind auf keinen Fall überfordern und zu viel Druck aufbauen, man kann es aber ruhig ermutigen, nicht gleich aufzugeben. Wenn das Kind keine panische Angst vor dem Umkippen hat, fährt es auch sicherer.“ Zusätzlich motivierend bei den ersten Tretversuchen wirkt eine Umgebung mit anderen radelnden Buben und Mädchen.

Warum es überhaupt wichtig ist, dass Kinder Radfahren lernen? Bei der Fülle von Vorteilen weiß Ines Ingerle gar nicht, welches Argument sie zuerst nennen soll. Rad-begeisterte Kinder stärken auf diese Weise nicht nur Motorik, Gleichgewicht und Selbstvertrauen, sie tragen auch zu unser aller Wohl bei: „Kinder sind die Erwachsenen von morgen. Je mehr Leute mit dem Rad fahren, desto mehr Lebensqualität haben wir.“

Info: Das Workshop-Programm „KinderRadSpaß“ der Radlobby Wien vermittelt 5- bis 12-Jährigen Spaß am Radeln sowie Grundkenntnisse zu Verkehrssicherheit und Technik des Rads. Für Kindergruppen und Schulklassen. Anfragen zu Buchungen an info@fahrsicherrad.at

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