Krankenschwester: Emotionaler Brief an deutschen Minister Spahn

Krankenschwester: Emotionaler Brief an deutschen Minister Spahn
Der Brief der Deutschen ist ein dringender Appell an Gesundheitsminister Jens Spahn.

Erst seit wenigen Wochen ist Jens Spahn als Gesundheitsminister im Amt. Vergleichsweise viel Kritik hat der CDU-Politiker bislang einstecken müssen. Grund dafür sind seine umstrittenen Äußerungen zu unterschiedlichen Themen.

So kritisierte er unter anderem Gegner des Werbeverbots für Abtreibungen, eine Gesetzesänderung in diesem Bereich lehnte er ab. Kürzlich zeigte er sich in der Causa allerdings zumindest gesprächsbereit. In der Polit-Talkshow "Hart aber fair" verteidigte er Hartz IV. Mit Hartz IV habe "jeder das, was er zum Leben braucht", so der CDU-Mann. In seiner Amtsantrittsrede merkte er außerdem an, dass vielleicht nicht jeder "immer gleich" zum Arzt gehen müsse, um das Gesundheitssystem zu entlasten.

Letzteres nahm nun eine deutsche Krankenschwester zum Anlass, um sich in einem offenen Brief an Spahn zu wenden.

"Bevor mir der Kragen platzt"

"Bevor mir der Kragen platzt, bekommt erst mal Herr Spahn einen Brief", beginnt Jana Langers ihr emotionales Schreiben, das sie am vergangenen Sonntag auf Facebook teilte. Seither schlagen ihre Zeilen in den sozialen Medien ordentliche Wellen: Ihr Beitrag wurde bereits 55.000 Mal geteilt und über 54.000 Mal gelikt. Das Thema ihres Postings: die "Situation der Pflege".

Zunächst beglückwünscht Langers Spahn zu seinem Amt, übt aber im selben Atemzug scharfe Kritik an seiner Qualifikation: "Wenn ich eine neue Arbeitsstelle antrete, muss ich entsprechende Qualifikationen vorweisen (…). Meine Kollegen, und wir sind keine unwesentliche Masse, sind dementsprechend entsetzt, dass weiterhin das Amt des Gesundheitsministers mit einem Minister besetzt wurde, der ohne irgendeine Qualifikation und Ahnung, unsere Arbeit betreffend, berufen wurde!"

In ihrem Brief fordert die Krankenschwester Reformen vom Gesundheitsminister, die eine "menschenwürdige Pflege" ermöglichen – und prangert die Arbeitsbedingungen in ihrer Branche an. "Wären Sie freiwillig bereit, in der Nacht für die Hälfte des Geldes zu arbeiten? Wären sie bereit, 24 Stunden an 365 Tages des Jahres Ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen? Wären Sie bereit, freiwillig auf Ihr Familienleben zu verzichten zugunsten der Schwächsten im System?", fragt sie.

Keine Zeit für die Patienten

Konkret richtet sich Langers gegen das DRG-System (DRG steht für Diagnosis Related Groups). Seit 2004 werden die Behandlungen in deutschen Krankenhäusern anhand von Fallpauschalen, die sich nach der Diagnose richten, abgerechnet. Dabei gilt: Je mehr Fälle – also Patienten – ein Krankenhaus behandelt und je schneller die Patienten das Krankenhaus wieder verlassen, desto lukrativer für die Einrichtungen. Durch die gesteigerte Effizienz solle die Behandlungsqualität verbessert werden, heißt es vonseiten der Politik. Behandlungen würden sich "nicht mehr nach der jeweiligen Krankheit" richten, sondern "nach dem Geldbeutel der Einrichtung", befindet Langers"Zeit für die Patienten und deren Bedürfnisse, Zeit um Handeln zu können, um Trost zu spenden und um Veränderungen zu erkennen" bleibe da kaum, so die Krankenschwester.

Abschließend merkt Langers an, dass sie sich zusammen mit ihren Kollegen eine "Umkehr in diesem System" erwarte – und gibt Spahn den Rat: "Besinnen Sie sich auf diejenigen, die durch ihr Kreuzchen überhaupt Ihren Posten ermöglicht haben!"

Mit ihren Worten spricht Langer vielen Menschen aus der Seele. In den Kommentaren pflichten Tausende User der Deutschen bei. "Absolut zutreffend", heißt es da. Oder auch: "Wirklich wahr, je sozialer der Beruf, desto asozialer die Bezahlung und Anerkennung." "Unser Gesundheitssystem ist profitorientiert", befindet ein anderer User.

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