Mit "Schnupfen": Sanitäter hat wehleidige Patienten satt

Ein deutscher Sanitäter rechnet mit Wehwehchen-Patienten ab.
Sein Facebook-Posting richtet sich an Patienten, die wegen eines "eingerissenen Zehnagels oder Schnupfens" die Notaufnahme besuchen. Mit seiner Kritik stößt der Rettungssanitäter nicht bei allen auf Verständnis.

Es ist ein Bild, das schockiert: Am 4. April veröffentlichte Kay Müller auf Facebook eine Aufnahme eines blutüberströmten OP-Raums. Wie aus der Bildbeschreibung hervorgeht, handelt es sich dabei um den Schockraum einer Notaufnahme.

Der Anlass für Müllers Posting: Er hat wehleidige Patienten, die wegen Kleinigkeiten die Notaufnahme belagern und dabei die Arbeit von Krankenhausangestellten und Rettungskräften behindern, satt. Das berichten zahlreiche deutsche Medien, darunter der Spiegel, unter Berufung auf den Beitrag.

Bagatelleinsätze nerven

Seinem Ärger macht der Rettungsassistent aus Baden-Württemberg in einem langen Text Luft: "Wenn mich mal wieder ein wartender Patient vor der Notaufnahme fragt, warum er hier seit zwei Stunden warten muss (10 min) (und ja das wird man gefragt, auch wenn man vom Rettungsdienst ist und nicht vom Krankenhaus.) WÜRDE ich gerne manchem dieses Bild zeigen. Ich bin sicher er hat Verständnis, dass sein eingerissener Zehnagel oder Schnupfen noch weitere seiner 3 Stunden warten kann", steht dort unter anderem geschrieben. Und: "Sorry für die Wortwahl aber die Faulheit und die fehlende Selbstständigkeit der Menschen ist so erschreckend das ich mich frage wie, finden solche Menschen die nächste Notaufnahme aber nicht den Weg zum eigenen Hausarzt." In einem Schlusssatz verweist Müller darauf, dass das Bild in einer israelischen Klinik aufgenommen wurde.

"Kann ich aus eigener Beobachtung bestätigen"

Mit seinem Posting scheint der Deutsche einen Nerv getroffen zu haben – vor allem bei Krankenhausangestellten. In den Kommentaren bekunden diese Verständnis für Müllers wütende Reaktion und berichten von ähnlichen Problemen. "Ich arbeite seit 34 Jahren im Rettungsdienst. Die letzten Jahre als Notfallsanitäter. Die Tendenz kann ich aus eigener Beobachtung bestätigen", schreibt ein Nutzer. "Ich habe 3 1/2 Jahre Notaufnahme hinter mir... mindestens 2-3 Mal die Woche sah unser Schockraum so aus... (…) Und ja es gehen Leute mit Dingen in die Notaufnahme die zu 100% zum Hausarzt oder in die Notfallpraxis gehören... es stand schon mal jemand vor mir und sagte er hätte Krampfadern... (keine Blutung... nix gar nix, einfach nur Krampfadern)." Als Notfallpraxis bezeichnet man in Deutschland eine Einrichtung der Kassenärzte, die außerhalb der normalen Dienstzeiten der niedergelassenen Arztpraxen in medizinischen Notfällen zur Verfügung steht. Die Praxen, die meist in größeren Städten existieren, fungieren als zentrale Arztpraxis mit wechselnder Arzt-Besetzung.

Auch von einigen Patienten bekommt er Rückendeckung: "Ich kann nur bestätigen, dort ständig auf Leute zu treffen mit Erkältung, Ohrenschmerzen, etc.", bestätigt eine Userin.

Einseitiger Protest

Viele Patienten sehen die Sache gänzlich anders. Sie berichten von "stundenlangem Warten mit Darmverschluss", "einem übersehenen Vorder- und Hinterwandinfarkt", "unbehandelten Lungenentzündungen" und anderen Krankenhauspatzern. Oft werde man als Patient fälschlicherweise als wehleidig abgestempelt – und vom Personal ignoriert.

Außerdem wird auch Kritik an Kay Müllers "inszenierter Darstellung" laut. "Der Grund für exzessive Wartezeiten in Deutschland dürften seltener multiple Schusswunden sein, als schlichter Personalabbau", heißt es. Und: "Wer über sowas lästert hat seinen Beruf verfehlt!"

Immerhin: Das Posting hat eine Plattform für Diskussionen geschaffen. Das zeigt sich nicht zuletzt die Zahl der Likes (22.000) und Kommentare (2.600).

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