2015: Das wärmste Jahr aller Zeiten

2015: Das wärmste Jahr aller Zeiten
2015 ist global das wärmste Jahr – und die Temperaturen werden auch künftig weiter steigen.

Nachdem vergangene Woche in Paris das Gefühl entstanden ist, dass die Welt den Klimawandel ernst nimmt, gibt es trotzdem Meldungen, die noch aufhorchen lassen. Etwa, dass dieser November um fast ein Grad wärmer war als jeder Durchschnittsnovember des 20. Jahrhunderts. Laut US-Klimabehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) liegt der Wert um 0,97 Grad Celsius über dem Durchschnitt. Und damit wird 2015 global gesehen das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1880. ZAMG-Meteorologe Alexander Orlik bezeichnet das Tempo dieser Entwicklung als "besorgniserregend".

Grund dafür sind die Erderwärmung durch Treibhausgase und der Einfluss des Wetter-Phänomens El Niño (span. das Kind). Bei einem solchen Ereignis wird Wärme aus dem Ozean in die Atmosphäre übertragen, erklärt Klimaforscher Ben Marzeion von der Universität Bremen. "Weil El Niño – vor allem im pazifischen Raum – sehr weitreichende Auswirkungen hat, wird der tropische Pazifik schon seit vielen Jahren sehr genau beobachtet. Ganz anders als bei uns in Europa hat man dort die Möglichkeit, die regionalen Wetterbedingungen einige Monate im Voraus recht gut einzugrenzen." Und so werden auch Aussagen über die weltweit gemittelte Temperatur möglich. "Einfach, weil der Pazifik so riesengroß ist und damit sehr wichtig ist für das globale Mittel."

Regen und Brände

Der aktuelle El Niño verursacht sintflutartige Regenfälle in Nordamerika und sorgt für Waldbrände in Indonesien und Australien. In Europa treten seine Auswirkungen schwächer auf. Deshalb ist es dieses Jahr auch nicht ganz so heiß wie 2014. Um diesen Rekord zu brechen, müsste es "im Dezember noch wärmer werden und das geht sich nicht mehr aus", sagt Orlik.

Dass es in Österreich neben Deutschland, der Schweiz und Frankreich generell wärmer wurde, liegt nicht nur an El Niño, sondern an den atmosphärischen Strömungen, die aus dem Südwesten gekommen sind, erklärt Alexander Orlik. "Es hat auch die Dauer der Sonnenstunden zugenommen, die mit steigenden Temperaturen einhergehen – diese Kombination samt den Treibhausgasen führt dazu, dass es in Mitteleuropa so warm ist."

Ein weitere Faktor ist laut Klimawandel-Sachstandsbericht die geografische Lage Österreichs: Der Alpenraum ist besonders empfindlich für Klimaveränderungen.

Experte Orlik prognostiziert, dass es in der ersten Jahreshälfte 2016 weiter hohe Temperaturen geben wird – denn El Niño wird bis in den Frühsommer bleiben. Auch weltweit sind wir weiterhin auf hohem Temperaturniveau unterwegs. "Nicht nur wegen El Niño, sondern vor allem wegen der Erderwärmung und den Treibhausgasen", sagt Orlik.

Ähnlich sieht es Klimaforscher Ben Marzeion. Der Wärmerekord ist aber nicht allein Folge der anthropogenen globalen Erwärmung: "Aber ohne sie würde es auch ein so starker El Niño bei Weitem nicht schaffen, die globale Temperatur so stark ansteigen zu lassen." Er ist überzeugt, dass die Temperatur innerhalb der nächsten 20 bis 30 Jahre weiter ansteigen wird, "so dass ein Jahr wie 2015 ungewöhnlich kühl sein wird". Aufgrund des rasenden Tempos stellt sich die Frage, ob der Mensch fähig ist, sich so schnell an die Natur anzupassen. Oder ob er es rechtzeitig schafft, Maßnahmen zu treffen.

Wissenschaftler Marzeion: "Der Vertrag von Paris hat immerhin das Potenzial, ab Mitte des 21. Jahrhunderts die Erwärmung zu bremsen – vorausgesetzt, er wird ambitioniert umgesetzt." Denn neben aller Euphorie fehlen konkrete Strategien, wie der weltweite Treibhausgas-Ausstoß vermindert werden kann.

2015: Das wärmste Jahr aller Zeiten

Weiße Weihnachten wird es dieses Jahr wohl nur in Liedform geben – nämlich dann, wenn Bing Crosby sein "White Christmas" säuselt.

Aus Sicht der Meteorologen ist es nämlich fix: Wie die Experten der ZAMG am Freitag prognostizierten, bleibt es auch über die Feiertage überdurchschnittlich warm – Niederschläge sind ebenfalls nicht in Sicht. Heute und morgen liegen die Frühtemperaturen meist knapp über dem Gefrierpunkt, bei Nebel kann es aber auf minus fünf Grad abkühlen. Im Laufe der Tage klettern die Temperaturen jedoch auf bis zu zwölf Grad. Noch milder wird es in Lagen zwischen etwa 1000 und 1500 Metern Seehöhe. Dort sind sogar rund 14 Grad möglich. Das wird dann auch so bleiben. "Am Montag gibt es eine schwache Störung", sagen die Meteorologen. Stattdessen folgt das Wetter eher dem "50 Shades of Grey"-Prinzip.

Klare Plusgrade

Der 24. Dezember dürfte ebenfalls klar zu warm für die Jahreszeit werden. Auch hier erwartet die ZAMG österreichweit klare Plusgrade. Der 25. und 26. Dezember werden ähnlich verlaufen, erst danach könnte es "spannend" werden. "Da gibt es aber noch viele Fragezeichen", sagen die Experten. Es könnte aber deutlich kühler werden.

Nicht anders bei unseren Nachbarn. In Deutschland wird es so mild wie in den vergangenen Tagen bleiben. Dort war es am vergangenen Donnerstag so warm, dass die Menschen im T-Shirt auf den Weihnachtsmärkten spazieren gingen. In Nordrhein-Westfalen kletterten die Temperaturen auf 16 Grad – es war damit genauso warm wie am 17. August dieses Jahres.

Kindheitserinnerung

So mancher lässt sich dadurch die Stimmung verpatzen. Laut einer aktuellen Studie des Online Markt- und Meinungsforschungsinstituts Marketagent.com gehören weiße Weihnachten zu den drei schönsten Kindheitserinnerungen der Österreicher – direkt nach den Geschenken (81%) und einem üppig geschmückten Christbaum (76,2%). Schnee hebt die Laune: Bei neun von zehn Österreichern ist die Weihnachtsstimmung wetterabhängig. 62 Prozent der Österreicher sind an den Feiertagen deutlich und 28 Prozent etwas fröhlicher, wenn es am Heiligen Abend schneit.

Was am häufigsten mit einer Schneelandschaft assoziiert wird: Idylle (79,4%), Festlichkeit (79%) und Ruhe (74,6%). Jeder dritte Österreicher ist sogar der Meinung, dass weiße Weihnachten in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat.

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