
© Heinz Wagner
Von Kinderrechten, Ängsten und Zivilcourage
Projekt zweier Klassen einer Wiener Berufsschule baut Brücken von der Vergangenheit in die Gegenwart - von Janusz Korczak und Hans Georg Friedmann zu hier und heute.
„Intelligenz bezieht sich nicht immer nur auf die Schule, man kann in so vielen Dingen intelligent sein die nichts mit Mathe oder einem anderen Schulfach zu tun haben.“ Diesen Satz schrieb eine Schülerin aus den ersten Klasse der Berufsschule Embelgasse (Wien, für Verwaltungsberufe und Bürokaufleute der Stadt Wien und Stadt-wien-naher Betriebe) im Rahmen eines über mehrere Monate gehenden spannenden Geschichtsprojekts mit dem Titel „Participation through Information“ – also Beteiligung durch Information. Ein bisschen „sophisticated“ hatten sie daraus die Abkürzung PI abgeleitet – und diese wiederum mit der sogenannten Kreiszahl π (griechischer Buchstabe – Pi; das Verhältnis des Umfangs eines Kreises zu seinem Durchmesser) verknüpft, die unendlich viele Stellen nach dem Komma hat (3,1415926....) Nix steht sozusagen für sich allein, alles ist mit allem verbunden und Bildung ein unendlich weitergehender Prozess – so der Gedanken hinter dieser Verknüpfung zur mathematischen Zahl.
Von Korczak bis Friedmann

Sich weit weg geträumt
In der Zeit in der Sammelwohnung, einer Art Inhaftierung vor dem Abtransport in die KZ, träumte sich Hans Georg Friedmann in andere Welten und ließ seine erfundenen Figuren rund um Detektiv Tom Lasker abenteuerliche Kriminalgeschichten erleben. Von einigen davon ausgehend hatten schon vor zwei Jahren Jugendliche dieser Berufsschulen eigene Krimis, meist mit darin „verpackten“ Sozialreportagen, verfasst – siehe KiKu-Story „Der alte Mann und die jungen Geschichten“ - Link unten.
Die nunmehrigen Schüler_innen und ihre Lehrkräfte wurden durch einen Besuch der Ausstellung über Janusz Korczak im Wiener Stadtschulrat angespitzt, sich mehr mit Kinderrechten – und der Zeit der tödlichen Verfolgung von Minderheiten und der Diktatur der Nazis auseinander zu setzen.
Nina Matiasovits, Michelle Kurija, Lea Köstenbaumer und Florian Leberzipf aus den beiden genannten Klassen stellten übersichtlich die Stationen des Projekts vor – vom Besuch der besagten Ausstellung über einen Rundgang im 1. und 9. Bezirk mit Guides des Mauthausen Komitees. Vor allem aber widmeten sie sich der Beschäftigung mit dem Leben des jungen Krimiautors: „Die Krimis von Hans Georg Friedmann: Der Tod hat nicht das letzte Wort – Tom Lasker“. Für den Buben war das eine Möglichkeit zumindest im Schreiben eine Stimme zu haben.
Original-Dokumente

Die Jugendlichen blieben aber nicht in der Geschichte hängen, sie schlugen auch Brücken zum hier und jetzt – unter anderem in einem Schreib-workshop mit der bekannten Kinder- und Jugendbuchautorin Renate Welsh-Rabady. Thema dabei war: „Von der Angst zur Zivilcourage“. Die vier jugendlichen Präsentator_innen nannten als dabei von den Schüler_innen genannte Ängste: Lügen, Hornissen, Clowns, Puppen, Verluste, Versagen, AusbildnerInnen, unberechenbare fremde Menschen, Terroranschläge, Schularbeiten, Hunde, Höhen, Dunkelheit und schließlich Einsamkeit.
Brückenschläge zu heute

Das schon erwähnte präsentations-Quartett zitierte u.a. zwei für sie und ihre Kolleg_innen wichtige Zitate von Janusz Korczak, „einem moderner Pädagogen, der seine Schützlinge so sehr liebte, dass er mit ihnen in die Gaskammer ging“: „Kinder sind nicht dümmer als Erwachsene. Sie haben nur weniger Erfahrung“ sowie „Wie soll das Kind morgen leben können, wenn wir ihm heute kein bewusstes, verantwortungsvolles Leben ermöglichen?“
Kinder: Klug und ehrlich
Gerade diese beiden dürften auch jene Schülerin, die nicht genannt werden will, angeregt haben, deren Satz zu Beginn dieses Berichts zitiert ist. Hier noch einige Sätze ihres Beitrags, der im Rahmen des Projekts entstanden ist:

Ich finde als eine erwachsene Person oder sogar als Mutter oder Vater darfst du ein/dein Kind nicht als naiv oder dumm ansehen, sondern als sehr intelligent und ehrlich. ...Man muss nur an diesen kleinen Menschen glauben und ihm zeigen – Mama, Papa oder ein Erzieher: Ich bin richtig stolz auf dich und werde es immer sein.“ Und dann folgt als Schluss der erste Satz dieses Artikels: „Intelligenz bezieht sich nicht immer nur auf die Schule, man kann in so vielen Dingen intelligent sein die nichts mit Mathe oder einem anderen Schulfach zu tun haben.“
Links zu den schon erwähnten anderen Beiträgen
Der alte Mann und die jungen Geschichten
Wiener Bub schrieb Krimis. Er und seine Familie kamen in KZ um. Seine Geschichten überlebten. Jugendliche einer Wiener Berufsschule nahmen sie zum Anlass für eigene Texte.
https://kurier.at/leben/kiku/berufsschule-der-alte-mann-und-die-jungen-geschichten/126.625.156
Recht des Kindes so zu sein, wie es ist!
Ausstellung über den „Vater“ der Kinderrechte, Janusz Korczak, im Wiener Stadtschulrat. Eröffnung mit singenden Kindern der einzigen nach ihm benannten Schule Österreichs.
https://kurier.at/leben/kiku/janusz-korczak-recht-des-kindes-so-zu-sein-wie-es-ist/240.104.627
Und hier zu einer Ausstellung mit vergrößerten Seiten aus Krimis von Hans Georg Friedmann, die in der Volkshochschule Hietzing erarbeitet wurde und nun auch in der Berufsschule Embelgasse zu sehen ist: http://www.erinnern.at/bundeslaender/wien/termine/der-tod-hat-nicht-das-letzte-wort
... von der Projektpräsentation in der Berufsschule Embelgasse
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