Gleichberechtigung lässt Frauen und Männer besser schlafen
Gleichberechtigung und guter Schlaf – das hängt zusammen, wie Forscher der University of Melbourne im Rahmen einer Studie nun belegen konnten. Die Soziologen zogen dazu Daten aus Befragungen über 14.000 Menschen aus 23 europäischen Ländern heran. Demnach profitieren beide Geschlechter in puncto Schlafqualität gleichermaßen von einer gleichberechtigten Gesellschaft. Veröffentlicht wurde die Studie im Journal of Marriage and Family.
Konkret analysierten die Wissenschafter sowohl Daten des Frauenbeteiligungsindex (GEM) der Vereinten Nationen (UN), wie auch Daten zur den Schlafgewohnheiten der Europäer aus der European Social Survey, eine sozialwissenschaftliche Studie, die seit 2002 Meinungen zu sozialen und politischen Themen aus über 30 europäischen Ländern erfragt. Der Frauenbeteiligungsindex ist ein Indikator, der das Geschlechterverhältnis in Wirtschaft und Politik eines Landes anzeigt. Ähnlich dem Index der geschlechtsspezifischen Entwicklung (GDI) wird der Frauenbeteiligungsindex als ein Maß der Gleichstellung der Geschlechter eines Landes herangezogen. Anders als der GDI bemisst der Frauenbeteiligungsindex die politische und ökonomische Partizipation und Machtgleichstellung von Frauen.
Norwegen führt den Frauenbeteiligungsindex an. Über Schlafprobleme berichten in dem skandinavischen Land unterdessen lediglich drei Prozent der Männer und neun Prozent der Frauen. In der Ukraine, wo die Gleichberechtigung in Europa laut UN-Bericht am wenigsten fortgeschritten ist, berichten wiederum 16 Prozent der Männer und 22 Prozent der Frauen über Schlafstörungen. Entsprechende Verteilungen zeigten sich auch in anderen Ländern.
Zusammenhang
Eine Erklärung für den Zusammenhang, dessen Kausalität nicht bestimmt wurde, konnten die Forscher nicht ermitteln. Studienautorin Leah Ruppannear vermutet, dass Gleichberechtigung den erlebten Druck und Ängste in Familien reduziert. Was wiederum zu geruhsamerem Schlaf beitragen könnte.
So zeigte sich etwa, dass Frauen eher unter Schlafproblemen litten, wenn Kleinkinder im Haushalt waren oder sie familiäre Verpflichtungen zu erfüllen hatten. Männer neigten eher zu torpediertem Schlaf, wenn ihnen berufliche Herausforderungen oder finanzielle Sorgen über den Kopf wuchsen. Auch Frauen litten eher an Schlafstörungen, wenn sie im Job besonders viel Stress erlebten. Jedoch zeigte sich auch, dass Frauen und Männer in Ländern mit stärker ausgeprägter Gleichberechtigung besser schliefen.
Würden familiäre und berufliche Anforderungen flächendeckend gerecht auf die Geschlechter aufgeteilt, sei davon auszugehen, dass sowohl Frauen als auch Männer überall auf der Welt davon profitieren, so Ruppannear.
"Das Geschlecht, ein wichtiger Parameter in unserem Alltag, bestimmt auch, wer nachts aufsteht und das Baby beruhigt und wessen Schlaf durch Sorgen um die finanziellen Nöte der Familie beeinträchtigt wird", schreibt die Soziologin in einem Beitrag für den Wissenschaftsblog The Conversation. Gesellschaften, die Ungleichheiten in Bezug auf ökonomische und politische Ansprüche an die Geschlechter reduzieren, würden eine Bevölkerung mit besserem Schlaf aufweisen. Da sich Schlaf wesentlich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen auswirke, sollten die gesamtgesellschaftlichen Vorteile, die sich aus Gleichberechtigung ergeben, auch in puncto Nachtruhe nicht unterschätzt werden.
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