Geträumt wird vorwiegend in den REM-Phasen (Rapid Eye Movement, Anm.). "Hier sind Gehirn und Sehrinde fast genauso aktiv wie im Wachzustand“, erklärt der Traumexperte. "Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass wir in diesem Moment Bilder verarbeiten.“ Unsere Gehirnzentren für Hören, Riechen oder Schmecken bleiben hingegen weitgehend inaktiv. Auch unser Körper ist im Ruhemodus.
Mittlerweile geht man in der Forschung davon aus, dass Schlafphasen auch wichtig für die Hirnentwicklung sind. So hat man herausgefunden, dass kleine Kinder mehr REM-Phasen haben und diese mit dem Alter abnehmen.
Außerdem wurden während der Schlafphasen Lernvorgänge im Gehirn beobachtet: Im Traum werden Geschehnisse von untertags "offline nachbearbeitet“. Erinnerungen werden gelöscht oder gespeichert und vom Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis übertragen.
Schlaf in der Pandemie
Wie wichtig schlafen und träumen ist, weiß auch Brigitte Holzinger, Leiterin des Instituts für Bewusstseins- und Traumforschung in Wien: "Guter Schlaf macht uns robuster. Traum und Albtraum dienen dazu, Krisen zu bewältigen und mit Themen besser zurechtzukommen.“
Die Corona-Pandemie habe sich bei vielen Menschen negativ auf die nächtliche Erholung ausgewirkt. "Wir wissen, dass Kinder und Jugendliche vermehrt unter Albträumen und Schlafstörungen leiden.“ Ihre Studiendaten aus dem Sommer 2021 zeigen, dass sich Schlafstörungen insgesamt verdoppelt haben. Das hänge mit allgemein zunehmenden Ängsten und Depressionen zusammen. Vor allem junge Menschen und Frauen sind häufiger von Ein- und Durchschlafstörungen betroffen.
Neben Ängsten und Anspannung kann auch eine Covid-19-Infektion unseren Schlaf und die Träume beeinflussen. Holzinger, die auch den Studiengang Medizinisches Schlafoaching leitet, wertet mit ihrem Team Studien über Schlaf und Traum und Corona aus. Ihre ersten Ergebnisse zeigen: Neben Fatigue oder Ermüdbarkeit, einem der Hauptsymptome von Long Covid, ist auch Schläfrigkeit, also ein tiefes Schlafbedürfnis, ein weiteres Symptom von Long Covid.
Krisenbewältigung
Spielen – wie in der aktuellen Situation – mehrere Krisen zusammen, "potenzieren sich für fragilere Menschen die Auswirkungen weiter“, erklärt die Traumforscherin. Mit neuen Krisen nehmen Ängste und Angespanntheit erneut zu. Der Schlaf wird dadurch oberflächlicher, man schläft schlechter ein oder durch. "Wir müssen davon ausgehen, dass unsere Schlafprobleme mit diesen vielen Krisen, die sich auf uns zubewegen, ärger werden.“
Zumindest wissen wir heute – im Gegensatz zur Antike –, dass Albträume keine schicksalhaften Voraussagen sein müssen.
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