Burn-out: Schon lange kein Einzelschicksal mehr

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Volkskrankheit, so wird das Burn-out mittlerweile schon bezeichnet. Sieht man sich die Anzahl der Betroffenen und Gefährdeten an, versteht man auch warum: Laut Arbeiterkammer gelten etwa zehn Prozent der Erwerbsbevölkerung in Österreich als Burn-out-Betroffene. Und etwa jeder fünfte bis sechste österreichische Arbeitnehmer gilt als gefährdet.
Doch was genau ist ein Burn-out eigentlich?
Was den Begriff angeht, ist sich die Fachwelt nicht ganz einig. Denn Burn-out ist keine Krankheit im engeren Sinn, sondern vielmehr ein Syndrom mit verschiedenen Beschwerden. Im Zentrum steht die Erschöpfung durch Überlastung. Burn-out ist auch nicht als eigenständige Diagnose im sogenannten ICD-10, der internationalen Klassifikation der Krankheiten, angeführt. Es findet sich dort unter dem Begriff „Probleme verbunden mit Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ als „Ausgebranntsein“ . Die Ärztin oder der Arzt stellt Burn-out meist als eine sogenannte Nebendiagnose. Die Hauptdiagnose kann zum Beispiel eine zeitgleiche psychische Erkrankung sein, wie etwa eine Depression.
Schleichender Prozess
So erlebte es auch Regina. Bei der 48-Jährigen wurde vor mehr als zehn Jahren eine Erschöpfungsdepression diagnostiziert. „Aber viel besser gefällt mir das Wort Entlastungsdepression. Denn was ich wirklich gebraucht habe, war Entlastung“, erzählt sie in der aktuellen Folge von „Ich weiß, wie es ist“, dem neuen Mental Health Podcast des KURIER (siehe rechts).
Die völlige Erschöpfung taucht bei vielen nicht plötzlich von einem Tag auf den anderen auf. Auch bei Regina war es ein schleichender Prozess. „Wenn ich jetzt zurückdenke, frage ich mich, ob ich mich vielleicht zu stark um andere gekümmert habe, anstatt um mich“, erzählt sie im Podcast. Wenn sie heute über die Zeit reflektiert, weiß sie, dass sie viele Anzeichen nicht bewusst wahrgenommen hat und nicht rechtzeitig etwas dagegen unternommen hat.
Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse, Umdeutung von Werten und Abstumpfung, sozialer Rückzug sowie auch körperliche Beschwerden und depressive Episoden – all das sind Stadien, die Betroffene durchmachen, bis es zur völligen Erschöpfung kommt.
Wie kommt es so weit?
Die Ursachen für ein Burn-out oder eine Erschöpfungsdepression werden oftmals auf arbeitsbedingten Stress zurückgeführt – das muss aber nicht immer der alleinige Grund sein. Der Psychiater Gordon Parker beschäftigte sich über Jahre hinweg mit dem Phänomen Burn-out. Seine kürzlich veröffentlichten Forschungsergebnisse stellen folgendes fest: „Tatsächlich haben wir herausgefunden, dass Stress am Arbeitsplatz oder im Privatleben die Räder des Burn-outs in Bewegung setzen kann. Unsere Analysen ergaben, dass Burn-out auch durch prädisponierende Persönlichkeitsmerkmale, insbesondere Perfektionismus, ausgelöst werden kann.“ Als Perfektionistin bezeichnet sich auch Regina. „Das hat wahrscheinlich auch eine Rolle gespielt“. Vor allem aber rät sie, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen und sich auch Hilfe zu holen.
Hilfsangebote
- Sozialpsychiatrischer Notdienst
Telefon: 01 31 330 (täglich von 0 bis 24 Uhr) - Psychotherapie Helpline – Wiener Landesverband für Psychotherapie
Telefon: 0720 12 00 12 (täglich von 8 bis 22 Uhr) - Helpline vom Berufsverband Österreichischer PsychologInnen
Telefon: 01 504 8000 (Montag bis Donnerstag von 9 bis 13 Uhr) - Ö3 Kummernummer
Telefon: 116 123 (Montag bis Sonntag von 16 bis 24 Uhr) - Telefonseelsorge Wien
Telefon: 142 (täglich von 0 bis 24 Uhr) oder Online-Beratung - Selbsthilfegruppen und Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter
Telefon: 01 / 526 42 02 (Mo, Mi, Do 10 bis15 Uhr; Di und Fr 10 bis 12 Uhr) - Rat auf Draht
Telefon: 147 (täglich 0 bis 24 Uhr)
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