Königliche Vorfreude: „Man muss sie einfach lieben“
Hier eine weitere Girlande, da eine Union-Jack-Fahne, dort ein gekröntes Schaufenster. England wird seit Wochen in immer mehr Rot-Weiß-Blau getaucht. Der Höhepunkt folgt kommende Woche: Von 2. bis 5. Juni finden die Hauptfeierlichkeiten um das 70-jährige Thronjubiläum von Queen Elizabeth II statt. 2.428 Events und 2.653 Straßenpartys sind offiziell angekündigt – vom Jubilee Afternoon Tea im schottischen Aberdeen über den Londoner Westend Drag Brunch bis zum Tjost-Turnier in Hampton Court Palace. Die Gemeinden rechnen jedoch mit bis zu 16.000 Festen am verlängerten Wochenende.
„Die Windsor Beacons, das Feuerwerk, werde ich mir nicht entgehen lassen“, sagt Monika Wisniewska. Sie sitzt vor Schloss Windsor auf einer Parkbank. Über ihr weht eine Fahne mit goldenen Quasten; als Hauptresidenz der Queen ist das Städtchen westlich von London besonders geschmückt. „Und die Partys“, ergänzt die Autorin. Die Königsfamilie fasziniere sie. Die 130 Pfund für die Königliche Pferdeshow vor zwei Wochen waren es ihr auch wert – vor allem, weil die Queen überraschend erschien.
Ein erleichtertes Aufatmen ging durch das Land, als eine lächelnde britische Königin aus dem Auto stieg, unter Jubel, Klatschen und Standing Ovations ihren Platz in der Ehrenloge bezog. „Natürlich ist man besorgt, man hört ja die Gerüchte“, sagt Michelle Tempest. Nachrichten um Krankheiten, Gehbeschwerden machen die Runde. Bei der „Trooping the Colours“-Geburtstagsparade am Donnerstag wird die 96-jährige Königin erstmals nicht den Salut entgegennehmen.
Michelle Tempest ist Gastronomin und leitet u. a. das „The Eclipse Inn“ in Winchester. Neben Bannern und Polstern mit Union-Jack-Motiv, findet man eine lebensgroße englische Königin aus Pappe, freundlich lächelnd, die Hand zum Gruß erhoben. Es ist der Charakter der Monarchin, der beeindruckt: Stärke, Demut, Pflichtbewusstsein. Neben den Krisen, den ständig aufbrodelnden politischen Skandalen hat ihre Stabilität Trost gespendet.
„Man muss sie einfach lieben“, sagt Lisa Trapnell. Lebhaft kann sie sich erinnern, wie sie als Fünfjährige der Queen zuwinkte, die in einem offenen Auto vorbeifuhr. Das ergreift sie heute noch. Hinter der stv. Direktorin tummeln sich Schulkinder auf der Sportwiese – ausnahmsweise nicht in Uniform: auch in der Cove Secondary School südwestlich von London wird das Jubiläum zelebriert. Es gibt Rot-Weiß-Blau-Outfits, Spiele, eine Zeitkapsel wird vergraben und, mitunter falsch, aber mit Überzeugung, „God Save the Queen“ gesungen.
Doch nicht ganz England ist begeistert. Peter Newill steht der Monarchie kritisch gegenüber: „Was repräsentiert sie? Das Aufblicken zu Privilegien, das Zelebrieren einer Familie im Reichtum?“ Das sei nicht mehr zeitgemäß.
Auch Martha Hawker, 29, findet das Konzept veraltet, die Eskapaden einiger Familienmitglieder beschämend. Ein wenig freut sie sich dennoch auf kommende Woche: auf den extra Feiertag. Zumindest die Party wird sich wohl niemand entgehen lassen.
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