Der Weltstar aus Wien, der am Ende an sich selbst scheiterte

„Ich bin nie der Künstler geworden, der ich gerne geworden wäre.“ Oskar Werner 1979 im Café Eiles
Vor genau 100 Jahren wurde Österreichs größter Schauspieler geboren. Oskar Werners Film- und Theaterkarriere war gigantisch, ihm selbst genügte sie nicht

Er sei, schrieb das Life Magazine 1965, „Europe’s finest actor“, Europas bester Schauspieler. Kurz zuvor war Stanley Kramers „Narrenschiff“ ins Kino gekommen, wo Oskar Werner an der Seite von Vivien Leigh und Simone Signoret brillierte. Es folgten Richard Burton, Faye Dunaway, Sir Laurence Olivier. Weltstars. Oskar Werner war einer von ihnen. Und doch haderte er mit dem Erfolg: „Ich bin nie der Künstler geworden, der ich gerne geworden wäre.“

Der Weltstar aus Wien, der am Ende an sich selbst scheiterte

Mit Simone Signoret in "Das Narrenschiff", 1964

Der Mann, der bereits mit 19 Jahren ans Burgtheater kam, der in „Hamlet“, „Torquato Tasso“ oder „Don Carlos“ glänzte, stellte sein Metier per se infrage. Die Schauspielerei, sagte er, sei eine „verlogene Profession für einen erwachsenen Mann“. Bekannt als „schwierig“, scheute er keinen Konflikt. Selbstkritik war seine Spezialität. „Scheißrollen“ habe er gespielt. Bittere Zitate von Oskar Werner über Oskar Werner sind sonder Zahl. Wer heute alte Interviews mit ihm liest oder hört, wird stellenweise das Gefühl nicht los, man hätte ihn vor sich selbst schützen müssen. Er war authentisch bis zur letzten Konsequenz, in einer beinah selbstausbeuterischen Offenheit. Seine künstlerischen Ansprüche waren enorm, sich selbst und anderen gegenüber. Er lehnte Rollen ab, weil er sie, etwa Hollywood-Projekte, als „Verrat am guten Geschmack“ empfand, weil er keine Nazis spielen wollte oder den angebotenen Part nicht leiden konnte, wie im Falle des Visconti-Films „Ludwig II“, wo er auf die Rolle des Richard Wagner verzichtete: „Ich hasse Wagner.“

Der Weltstar aus Wien, der am Ende an sich selbst scheiterte

Mit Jeanne Moreau in François Truffauts "Jules et Jim"

Oskar Werner, geboren als Josef Bschließmayer in Wien-Mariahilf, der Großvater Hausmeister, die Eltern Fabrikarbeiterin bzw. Versicherungsvertreter, entwickelte schon als Kind eine außergewöhnliche Art zu sprechen. Die Stimme herausragend schön, ebenso die feinen Gesichtszüge, dazu die leicht nasale, unverkennbare Sprechweise – die, Theater und Filmkarriere hin oder her, auch später nie auf ur-wienerische Ausdrücke verzichtete. Shakespeare, Goethe und Lilian Harvey waren Jugendhelden, sein Bühnenidol Werner Krauß, nach dem er sich (1946 amtlich) umbenannte. Schon während der Schulzeit spielte Oskar Werner Theater und Komparsenrollen beim Film. 1941 kam das erste Burgtheaterengagement. 1949 begann die internationale Filmkarriere, sie endete 1976 mit „Reise der Verdammten“.

Depressionen und Alkoholprobleme mögen Oskar Werner schon lange begleitet haben. Am Ende nahmen sie überhand.

Er starb 1984 an einem Herzinfarkt. Der Weltstar aus Wien, verewigt auf dem Hollywoodboulevard, zweimal verheiratet, Vater zweier Kinder, ist in Triesen, Liechtenstein, wo er ein Haus hatte, begraben. Ein Ehrengrab in Wien hat er verweigert.

Der Weltstar aus Wien, der am Ende an sich selbst scheiterte

Mit Peter Falk in "Columbo", 1975