Oskar Werner: Schauspieler und Rebell
Mit dem Theater bin ich verheiratet, der Film ist meine Geliebte.“ So beantwortete Oskar Werner gerne die Frage nach seinen Vorlieben. Der für sein Genie wie auch für sein Scheitern bekannte, auf alle Fälle unvergessliche Schauspieler wäre am 13. November 90 Jahre alt geworden.
Der charismatische österreichische Schauspieler Oskar Werner ist gleichermaßen als rebellischer Künstler und schwieriger Mensch in Erinnerung. Sein großes darstellerisches Talent brachte ihm frühen Ruhm ein, Sensibilität und künstlerische Kompromisslosigkeit ließen ihn vorzeitig am Leben scheitern. Er war klassischer Theaterheld und internationaler Filmstar, und vor allem das spezielle Timbre seiner Stimme bleibt unvergesslich. Mit seinem leicht nasal gesprochenen Schönbrunner Deutsch und der exaltierten Sprechweise erzielte er maximalen Wiedererkennungswert.
Oskar Josef Bschließmayer wurde am 13. November 1922 in Wien-Gumpendorf geboren. Mit neunzehn kam er ans Wiener Burgtheater, ohne je Schauspielunterricht genossen zu haben. Den Vornamen seines Idols Werner Krauß machte er zum neuen (amtlichen) Nachnamen und begann eine "klassische" Karriere. Prädestiniert durch seine jungenhaft-fragile Erscheinung spielte er Don Carlos, Torquato Tasso und Hamlet eindringlich, mit suggestiver Körpersprache und unverwechselbarer Stimme. Den Zenit erreichte Werner in den fünfziger Jahren.
Mehr und mehr entwickelte er sich zu einem Verkünder des "wahren Theaters". Das aufkeimende Regietheater widersprach Werners Überzeugung völlig, denn in Anlehnung an Max Reinhardt beharrte er auf der Vorherrschaft des Schauspielers und des Ensembles. Auch in Hollywood behielt er seine Kompromisslosigkeit bei. Die internationale Filmwelt war auf Werner aufmerksam geworden, als er 1948 in "Der Engel mit der Posaune" von Karl Hartl mitgewirkt hatte. "Entscheidung im Morgengrauen" (1951) brachte ihm Ruhm von Publikum und Kritik ein. Sogar seinen Handabdruck hinterließ er daraufhin am Hollywood Boulevard. Den Sieben-Jahres-Vertrag mit der 20th Century Fox brach Werner, da er mit den angebotenen Rollen nicht einverstanden war.
Höhepunkt und Scheitern
Zurück in Europa ließ sich er sich in Tresen, Liechtenstein, nieder. Eine europäische Filmkarriere begann: 1955 spielte er in Georg Wilhelm Pabsts Film "Der letzte Akt" und in Franz Antels "Spionage" nach einem Drehbuch Alexander Lernet-Holenias. Heute legendär ist "Lola Montez" von Max Ophüls. 1961 begann Werners Zusammenarbeit mit Francois Truffaut, welcher die Filme "Jules et Jim" und "Fahrenheit 451" (1966) entstammen. Den Höhepunkt seiner gesamten Karriere erreichte er mit der Darstellung des Schiffsarztes Dr. Schumann in Stanley Kramers "Das Narrenschiff" (1964). Damit wurde er nicht nur für den Oscar nominiert, sondern auch mit dem New York Film Critics-Award ausgezeichnet. Im britischen Thriller "Der Spion, der aus der Kälte kam" (1965) spielte Werner neben Richard Burton. 1976 stand er das letzte Mal in Stuart Rosenbergs Flüchtlingsfilm "Voyage of the Damned" vor der Kamera. Die wirklich große Filmkarriere scheiterte an Werners Ansprüchen, die ihn allein zwischen 1965 und 1969 achtzig Rollenangebote ablehnen ließ.
Depressionen, Alkoholprobleme, nicht durchgeführte Theaterprojekte, und ein Debakel mit seinem Wachau-Festival 1983 kennzeichnen seine letzten Jahre. Auf der Vorbereitung für eine Lesetournee durch Deutschland versagte sein Herz am 23. Oktober 1984 in Marburg an der Lahn. Legendär wurde das wenige Wochen vor seinem Tod geführte letzte Fernsehinterview mit dem Titel "Ich durfte am Tisch der Götter sitzen".
1975 spielte Oskar Werner den Mörder in der US-Krimiserie "Columbo". ORFeins zeigt die Folge "Playback" am Montag, den 19. November, um 0:20 Uhr.
Die erste und einzige Regiearbeit des begnadeten Schauspielers wird an einem ungewöhnlichen Ort vorgeführt. In unmittelbarer Nähe zu Oskar Werners ehemaliger Wohnung im Hochhaus Herrengasse präsentiert das Filmarchiv Austria zum Auftakt der Edition "Film-Raritäten" den FIlm "Ein gewisser Judas", die erste und einzige Regiearbeit Oskar Werners. Diese Produktion war seit den 1960er- Jahren praktisch nicht mehr zu sehen und darf als kleine filmhistorische Sensation verbucht werden.
Zum 90. Geburtstag gewährt außerdem eine Ausstellung an einem spektakulären Schauplatz Einblicke in den Oskar-Werner-Nachlass: Im Hochhaus in der Wiener Herrengasse treten flüchtige und verlorene, verschollen geglaubte und wiedergefundene Bilder und Töne in einen assoziativen Dialog.
Ausstellung: "Verlorene Bilder, flüchtige Töne"; 14. bis 25.11.2012, täglich 12:00 bis 19:00, Herrengasse 6–8, Stiege
Filmvorführung: "Ein gewisser Judas"; 14.–18.11.2012, täglich 19:30, Herrengasse 6–8, Stiege 6
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