Domplatz: Die Sommerresidenz der Familie Hörbiger

Domplatz: Die Sommerresidenz der Familie Hörbiger
Cornelius Obonya tritt als neuer Jedermann in die Fußstapfen des Hörbiger-Clans. Schon Großvater Attila Hörbiger gestaltete die Rolle, Tante Christiane war eine wunderbare Buhlschaft.

Nein, es ist kein dynastischer Plan. Dass er in letzter Zeit Rollen spielt, in denen sein Großvater weiland Triumphe feierte, frühstückte Cornelius Obonya schon in Interviews zu seinem Rappelkopf in "Der Alpenkönig und der Menschenfeind" am Burgtheater als reinen Zufall ab.

Kommenden Sommer wird er der neue Jedermann der Salzburger Festspiele sein. Freut sich darauf, dass er als Erster dem berühmtem Familienmitglied "nachspielen" darf, allerdings – das betont er – auf seine eigene Art. "Ich mache sicher keine Attila-Hörbiger-Look-alike-Festspiele", betont Obonya, dessen Sohn übrigens ebenfalls Attila heißt, in einem News-Gespräch.

Tradition seit 1935

Der Hörbiger-Clan auf dem Domplatz, das hat eine lange Tradition. Obonyas Großvater Attila Hörbiger spielte von 1935 bis 1937 in der Regie von Max Reinhardt den Jedermann, danach noch einmal von 1947 bis 1951. Vielen gilt er heute noch als Inbegriff des reichen Manns, dem der Tod durch den Schlag auf die Brust das Leben raushaut.Großmutter Paula Wessely gab den "Glauben".

Tante Christiane Hörbiger, nunmehr Grande Dame des Film- und Fernsehgeschäfts, war von 1969 bis 1972 die Buhlschaft in der Inszenierung von Leopold Lindtberg und sprang 1974 für die erkrankte Senta Berger ein. Enthusiasmierte Rezensenten lobten damals ihre "sinnliche Ausstrahlung".

Domplatz: Die Sommerresidenz der Familie Hörbiger
Obonyas Mutter Elisabeth Orth war 1972 als die "Guten Werke" zu sehen, und später als "Glaube", sein Vater Hanns Obonya als Armer Nachbar. Ihm, der zu früh ging, will er seinen Aufritt widmen, ihn will er in die Figur einfließen lassen. Cornelius Obonya war neun, als sein Vater starb: "Ein heftiger Schlag. Ich habe damals im Zweijahresrhythmus Großmutter, Großvater und Vater verloren."

Ein Glück, eine Mutter wie die Orth zu haben!

Hörbigers an der Burg

Ihr folgte Obonya, nach Anfängen am Volkstheater, 2000 an die Burg. Nach acht Jahren entschied er sich fürs Freelancertum, spielte Musical ("The Producers") und die fulminante One-Man-Show "Cordoba – Das Rückspiel."

Dann lud ihn Burg-Herr Matthias Hartmann als Gast zurück an das Haus ein, an dem ebenfalls schon Attila, Paul und Maresa Hörbiger (die mittlerweile im elterlichen Wohnhaus in Grinzing das "Theater zum Himmel" leitet), Paula Wessely, Elisabeth Orth und Hanns Obonya Ensemblemitglied waren.

Family Business!

Was Cornelius Obonya aber nicht als Belastung sieht.

Ebenso wenig, wie die Salzburger Society, die ihren neuen "Theaterkönig" von der Getreidegasse bis zum In-Treff "Triangel" auf Schritt und Tritt begleiten wird.

"Es gibt Schlimmeres!"

Ein "veritabler Schock" sei dagegen gewesen, als ihn Salzburgs Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf (mit dessen "Ariadne auf Naxos"- Aufführung er Kritik und Publikum begeisterte) fragte, ob er der Jedermann sein wolle.

Da atmet man kurz durch, schickt ein Stoßgebet zu den Ahnen – und geht’s an.

Mit gewohnt feiner Ironie eröffnete Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler in der Felsenreitschule die Präsentation des neuen Spielplans: "Die zwei wichtigsten Entscheidungen sind gefallen – Amerika hat wieder einen Präsidenten, und Salzburg hat einen neuen Jedermann."

Und Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf ergänzte: "Mir war gar nicht ganz klar, dass diese Besetzung hier eine Frage von nationalem Interesse ist. Den neuen Jedermann zu finden war wesentlich weniger schwer als die Geheimhaltung." Möglicher Grund für soviel Sarkasmus: Trotz Geheimhaltung wussten es die Leser von KURIER und KURIER.at bereits vorher. Der neue Jedermann heißt Cornelius Obonya, Enkel des legendären Jedermann-Darstellers Attila Hörbiger, derzeit als großartiger "Menschenfeind" am Burgtheater zu sehen. Neue Buhlschaft ist die starke deutsche Schauspielerin Brigitte Hobmeier, auch optisch eine ideale Besetzung. In weiteren Rollen: Sarah Viktoria Frick, Joachim Bißmeier, Katharina Stemberger, Johannes Silberschneider. Nach Tod und Teufel wird noch gefahndet.

Das neue Regieteam, wie bereits berichtet: Julian Crouch (bekannt von "Shockheaded Peter") und der Broadway-gestählte Brian Mertes. Bechtolf über die neue Ausrichtung des Domplatz-Spektakels: "Wenn man den Jedermann nicht ernst nimmt, hat er uns nichts mehr zu sagen. Wird es andererseits zu kniefällig, entsteht süßlicher Kitsch."

Man müsse den Stärken des Stücks nachspüren, nicht seinen Schwächen. Bechtolf erhofft sich als Ergebnis der Konstellation "ein Liebesverhältnis mit dem Jedermann."

Highlight

Das programmierte Schauspiel-Highlight wird (auch das stand zuerst im KURIER) Matthias Hartmanns Inszenierung von Nestroys größtem Hit, "Lumpazivagabundus", auf der Perner Insel – mit dem sensationellen "liederlichen Kleeblatt" Nicholas Ofczarek, Michael Maertens und Johannes Krisch. Bechtolf attestiert Hartmann eine "ideale Hand für Humor und einen satirisch bitterbösen Blick".

Am Landestheater soll Michael Thalheimer Schillers "Jungfrau von Orleans" entschlacken (Johanna: Kathleen Morgeneyer). Im Residenzhof wird "Sommernachtstraum" mit Musik und Markus Meyer als Puck gespielt.

Guido Tartarotti

Eines kann man Intendant Alexander Pereira nicht vorwerfen: Dass er nicht zu seinem Ruf als Opern-Feinkosthändler der Luxusklasse stünde. Sein Programm 2013 ist voll von opulenter Edelware: Es gibt Mozart, Wagner und Verdi (die beiden letztgenannten sind Jahresregenten), es gibt Blockbuster, Stardirigenten, natürlich die Wiener Philharmoniker. Und ja: es gibt auch Anna Netrebko, wenn auch nur konzertant. Sven-Eric Bechtolf inszeniert "Così fan tutte", Franz Welser-Möst dirigiert. Die beiden sollen laut Pereira "völlig andere Sichtweisen präsentieren". "Ohne Mozart-Pflege sind Salzburger Festspiele unmöglich." Weiterer Mozart: Mark Minkowski dirigiert in Koproduktion mit dem Mozarteum "Lucio Silla", Rolando Villazon singt.

Stein und Pappano

Regie-Altmeister Peter Stein, ein Garant für episch-breite Arbeiten am Rande des Edelkitschs, setzt Verdis "Don Carlo" in Szene – "erstmals in Salzburg in der fünfaktigen Fassung", so Pereira. Antonio Pappano dirigiert. Matti Salminen singt den Filippo, Jonas Kaufmann die Titelrolle, Thomas Hampson den Posa. Zubin Mehta dirigiert den "Falstaff", Damiano Michieletto wird inszenieren. Stefan Herheim (Regie) und Daniele Gatti (Dirigat) wagen sich an Wagners "Meistersinger". Als Hans Sachs: Michael Volle. Als Stolzing: Roberto Saccà. Als Beckmesser: Markus Werba. Als Ersatz für die angekündigte Kurtàg-Uraufführung (der Komponist ist noch nicht fertig) kommt im zeitgenössischen Bereich die vergessene Oper "Gawein" von Harrison Birtwistle, Ingo Metzmacher dirigiert, Alvis Hermanis führt Regie.

Anna Netrebko singt in einer konzertanten Aufführung die Titelrolle in Verdis Frühwerk "Giovanna D’Arco", Plácido Domingo steht ihr zur Seite. Weiters konzertant: Wagners "Rienzi" (Philippe Jordan leitet das Mahler Jugendorchester), Verdis "Nabucco" (Dirigent: Riccardo Muti), "Jeanne d’Arc" von Braunfels (Manfred Honeck). Von den Pfingstfestspielen wird "Norma" übernommen. Außerdem gibt es ein experimentelles TV-Projekt: "Entführung aus dem Serail" als Koproduktion mit ServusTV aus dem Hangar-7. Höhepunkte im Konzertbereich: Die Wiener Philharmoniker spielen mit Harnoncourt, Mehta, Thielemann, Maazel und Muti Musik von Haydn, Mozart, Mahler, Verdi.

Guido Tartarotti

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