Bei diesem Festival lernen junge Erwachsene, sich selbst zu lieben
"My Body, My Rules" - Mein Körper, meine Regeln: Unter diesem Leitsatz findet bis Sonntag, 28. November, das Skin Festival statt - wegen des Lockdowns nicht wie geplant im Wiener Museumsquartier, sondern virtuell. In Talks, Konzerten, Workshops und Partys sollen ausgegrenzte Communitys eine Plattform finden, Vorurteile abgebaut und neue Sichtweisen gewonnen werden.
Denn Themen wie Sex und Gender, Queerness und Body Positivity gewinnen gerade während der Pandemie für Jugendliche an Bedeutung, erklärt Corinne Eckenstein, künstlerische Leiterin von Dschungel Wien Theaterhaus für junges Publikum und Kuratorin des Festivals.
Die Idee zum Festival entstand während des letzten Lockdowns. "Ausschlaggebend war die Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt gegenüber jungen Menschen, die sich während der Pandemie noch verstärkt hat“, berichtet die Kuratorin. Das Programm richtet sich ein junges erwachsenes Publikum zwischen 15 und 23 Jahren.
Körperbild
Die Corona-Krise führte dazu, dass Jugendliche und junge Erwachsene viel Zeit mit sich selbst verbracht haben - die Zeit mit Freunden sank, die Zeit in den sozialen Medien wie Tiktok stieg dramatisch. Dadurch entwickelten viele Essstörungen und ein negatives Körperbild, wie Studien zeigten. "Statt echtem Erleben in der Peergroup gab es gefilterte Realität. Das macht etwas mit der Eigenwahrnehmung", beobachtet Eckenstein. "Wir ziehen unsere Identität ja immer aus dem Vergleich mit anderen. Was aber, wenn ich diesen Bildern nicht entspreche und nicht entsprechen möchte?"
Aus ihrer Arbeit mit jungen Menschen weiß die Theaterleiterin, "dass es vielen jungen Menschen ein Anliegen und ein Bedürfnis ist, sich nicht festlegen zu müssen und anders gesehen zu werden". Stichwort Gender, also das soziale Geschlecht, das immer mehr Jugendliche hinterfragen und etwa ihre Pronomen frei wählen.
Eckenstein hält es für falsch, dies als Modeerscheinung abzutun. "Jugendliche gehen heute viel freier mit dem Thema Gender um, hier sind sie den Erwachsenen weit voraus. Viele möchten sich nicht in ein Schema pressen lassen, möchten nicht binär denken oder lieben. Gleichzeitig spüren sie aber den Druck, entsprechen zu müssen."
Du bist gut, wie du bist
Die Workshops der Künstlerinnen und Künster - zu sehen ist etwa "Fat Acceptance Activist" Ina Holub - sollen den jungen Menschen eine Plattform bieten, wo sie sich frei von Normen und Konventionen austauschen können. "Es geht nicht um den erhobenen Zeigefinger, sondern um das Erleben von Anders-Sein, um Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und um einen liebevollen Umgang mit sich selbst und den eigenen Lebensentwürfen", sagt Eckenstein. Auch gesellschaftspolitische Fragen wie die Gleichberechtigung aller Menschen und ihr Selbstbestimmungsrecht werden in den Veranstaltungen behandelt.
Ina Holub etwa setzt dafür ein, dicke Körper zu entstigmatisieren. „Ich bin homosexuell und fett. Das ist per se erstmal nichts Negatives, sondern einfach eine Beschreibung", sagte sie in einem Interview. "Allerdings wurde das Wort 'fett' von der Mehrheitsgesellschaft negativ konnotiert, weshalb andere Fat-Acceptance-Aktivist:innen und ich es uns jetzt zurückholen.“
"Das beschreibt sehr gut, was wir bei Dschungel Wien mit dem Thema 'my body – my rules' meinen", sagt Eckenstein. "Wir setzen uns für Gleichberechtigung ein, den Umgang mit unterschiedlichen Körpern und mit Menschen unterschiedlicher Herkunft. Wir möchten ein Ort sein, wo man hingehen kann, ohne diskriminiert zu werden. Wo das Aussehen des Körpers ebenso wie die Frage des Geschlechtes und der sexuellen Orientierung, der Herkunft, der sozialen Zugehörigkeit, der Hautfarbe, Muttersprache oder Religion keine Rolle spielt."
Die Online-Vorstellungen finden noch bis Sonntag, 28. November, statt. Mehr Infos dazu gibt es hier.
Kommentare