Frauen dürfen in Saudi-Arabien endlich ans Steuer

Das Fahrverbot für Frauen fällt am Sonntag. Eine von mehreren Maßnahmen, die das Land liberalisieren und modernisieren sollen.

Am Sonntag soll in Saudi-Arabien das Fahrverbot für Frauen fallen - dann dürfen sie selbst ans Steuer und sind nicht mehr auf männliche Fahrer angewiesen. In den vergangenen Wochen wurden in dem ultrakonservativen Königreich die ersten Führerscheine für Frauen seit Jahrzehnten ausgestellt, viele tauschten ihre ausländischen Führerscheine in saudiarabische Papiere um.

Der mächtige Kronprinz Mohammed bin Salman will damit den Ölstaat liberalisieren und modernisieren. Denn noch ist Saudi-Arabien das einzige Land der Welt, in dem Frauen nicht selbst fahren dürfen, was weltweit seit langem auf Kritik und Unverständnis stößt. Noch Mitte Mai sorgten Festnahmen von Frauenaktivisten für Aufsehen (mehr dazu hier).

"Damit ist ein Traum wahr geworden, dass ich bald im Königreich fahren kann", sagte Rema Jaudat nach Angaben des Informationsministeriums. "Für mich heißt Autofahren, dass ich mich unabhängig bewegen kann." Die Mitarbeiterin des Wirtschafts- und Planungsministeriums hatte demnach bereits Fahrpraxis im Libanon und in der Schweiz. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur SPA mussten die Bewerberinnen zuvor einen Praxistests durchlaufen.

Gesetz gegen sexuelle Belästigung

Im Vorfeld der Aufhebung des Fahrverbots verabschiedete Saudi-Arabien Ende Mai außerdem ein Gesetz, das sexuelle Belästigung mit bis zu fünf Jahren Haft und einer Geldstrafe von bis zu 80.000 Dollar (69.000 Euro) bestraft.

Prinz Mohammed versucht damit, die Unterdrückung der Frauen aufzubrechen. Vor kurzem reiste er durch die Welt, um das repressive Image seines Königreichs zu verbessern. Er beendete auch ein jahrzehntelanges Verbot von Kinos, erlaubte Konzerte mit beiden Geschlechtern und beschnitt die Macht der lange gefürchteten Religionspolizei.

Doch Mitte Mai wurden nach offiziellen Angaben 17 Menschen wegen "Untergrabung" der Sicherheit festgenommen. Menschenrechtler bezeichneten die Festnahmen als pauschales Vorgehen gegen die Aktivisten, die für Frauen am Steuer und das Ende des männlichen Vormundschaftssystems demonstriert hatten.

"Hinter Gitter, statt am Steuer"

"Es ist begrüßenswert, dass die saudi-arabischen Behörden endlich Fahrerlaubnisse für Frauen ausstellen, doch genau die Frauen, die dafür jahrelang demonstriert haben, sind jetzt hinter Gitter, statt am Steuer", twitterte Samah Hadid, Nahost-Kampagnendirektorin bei Amnesty International. "Die Regierung muss sie jetzt freilassen."

Den Behörden zufolge wurden acht der Festgenommenen bis zum Abschluss der Ermittlungen auf freien Fuß gesetzt. Neun Verdächtige, darunter vier Frauen, blieben nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur in Haft, nachdem sie Vergehen wie verdächtige Kontakte zu "feindlichen" Organisationen und die Rekrutierung von Personen in sensiblen Regierungspositionen "gestanden" hätten.

Zuvor hatten staatsnahe Medien einige Häftlinge als Verräter und "Botschaftsagenten" bezeichnet. Aktivisten sprachen von einer Verleumdungskampagne, das harte Vorgehen rief international Empörung hervor. Auch das Europäische Parlament billigte Ende Mai eine Resolution, die die bedingungslose Freilassung der Inhaftierten und anderer Menschenrechtler forderte und gleichzeitig eine entschiedenere Reaktion der EU-Staaten anmahnte.

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