Bunt statt Blau und Rosa: Was Kindermode mit Klischees zu tun hat
„Was wird es denn? Damit wir wissen, was wir schenken sollen.“ Das Kind ist noch gar nicht auf der Welt, und schon wird es in die Geschlechter-Schublade gesteckt. Der Klassiker: Eine rosa Puppe für sie, das blaue Auto für ihn.
"Die ersten Genderstereotype fangen im Prinzip schon vor der Geburt an, wenn den Eltern genderkonforme Geschenke gemacht werden“, erklärt Stefanie Höhl, Leiterin des Arbeitsbereichs Entwicklungspsychologie an der Universität Wien. Und bei den ersten Geschenken hören die Stereotype nicht auf.
"Aus der Forschung wissen wir, dass schon Säuglinge aufgrund ihres Geschlechts unterschiedlich behandelt werden“, erzählt die Expertin weiter. Mädchen und Buben werden bereits als Babys unterschiedlich aufgehoben oder angesprochen. Diese sozialen Einflüssen prägen unsere Kleinsten früh: Ab zwei Jahren können Kinder selbst Aussagen darüber treffen, ob sie ein Bub oder ein Mädchen sind. Zwischen zwei und drei Jahren beginnen Kinder auch schon, Dinge Geschlechterstereotypen zuzuordnen.
„Richtige“ Spielsachen
Wenn Kinder aus diesen Mustern ausbrechen und nicht mit dem "richtigen“ Spielzeug für ihr Geschlecht spielen wollen, reagiert das Umfeld unterschiedlich. Höhl: "Es gibt Eltern, die das total begrüßen. Es kann aber auch in diesem Alter schon Druck auf die Kinder ausgeübt werden, sich anzupassen.“
Ein Blick in die nicht allzu ferne Vergangenheit zeigt, dass Kinderwelten nicht schon immer in zartrosa oder hellbau gefärbt waren (siehe Grafik rechts). Die Geschlechtertrennung hat in den vergangenen Jahren sowohl bei Kleidungsstücken als auch bei Spielwaren deutlich zugenommen. Die Entwicklungspsychologin: "Süßigkeiten oder Bausteine fanden schon immer alle Kinder toll. Warum muss es auf einmal ’normale’ und rosarote für Mädchen geben?“
Früher war auch die Kleidung der Kleinsten noch viel bunter, erinnert sich Cornelia Aigenberger, Gründerin des genderneutralen Kindermodelabels pauakids. Doch seit einigen Jahren scheinen gesellschaftliche Klischees in den Kindermodeabteilungen überbetont. Bei den Mädchen findet man dort Rosa und Lila, bei den Buben vorwiegend dunklere Farben.
Typische Motive
Auch bei den Motiven wird klar unterschieden: "Bei Burschen sehen wir viel Technik und Sport, aber auch Berufe wie Polizisten oder Feuerwehrmänner“, erklärt Aigenberger. In der Mädchenabteilung überwiegen dagegen niedliche Darstellungen mit Blümchen oder Schmetterlingen. "Wir bemühen uns später, dass auch Mädchen technische Berufe ergreifen, aber bis dahin erzählen wir ihnen immer, dass dieser Bereich nichts für sie ist“, kritisiert die zweifache Mutter.
Denn auch Kleidung beeinflusst Geschmäcker und Interessen. Bereits Kleinkinder werden in das vorgefertigte Konstrukt von Männlichkeit und Weiblichkeit hineinsozialisiert. Die Expertin: "Kleidung ist ein weiteres Medium, über das Stereotype transportiert werden. Damit gehen auch bestimmte Erwartungshaltungen einher. Das Mädchen lächelt, ist nett und nicht so wild. Wenn ein Junge mal schubst, ist es halt ein Junge.“
Fußbälle und Puppen
Aigenberger war es von Anfang an wichtig, ihre beiden Kinder "möglichst frei von Stereotypen aufzuziehen“. Auf ihren bunten Bodys und Shirts spielen deswegen Mädchen und Buben gemeinsam mit Fußbällen oder Puppen. Kein Motiv soll Kinder in eine Richtung drängen. Die Schnitte sind praktisch und die Kleidungsstücke bunt, "denn Farben sind für alle da“.
Auch große Modekonzerne haben Unisex-Kleidung inzwischen in ihre Kinderprogramme aufgenommen. Obwohl das gesellschaftliche Interesse stark zugenommen habe, wird die Kleidung im Moment aber noch von Menschen gekauft, "die sich schon mit klischeefreier Entwicklung auseinandergesetzt haben“, erklärt Aigenberger. Das Ziel ihrer Marke sei auch, den Bildungsauftrag stärker zu forcieren. "Wir wollen auf das Thema aufmerksam machen und so mehr Eltern abholen.“
pauakids
Mitwachsende Bodys, Hosen, Kleider und Shirts aus Tencel-Modal-Stoffen aus europäischem Buchenholz. In Österreich designt und fair in Europa produziert
www.pauakids.at
Hasel und Gretel
Ein familiengeführter Online Concept Store mit nachhaltig hergestellten Produkten für Eltern und Kinder bis zwölf Jahre
www.haselundgretel.at
me in wien
Die Unisex-Modelle von me in wien werden ausschließlich in Österreich entworfen und produziert. Die Prints sind handgemacht und werden auf Wasserbasis gedruckt
www.me-in-wien.at
herr und frau klein
Fair und nachhaltig produzierte Kindermode sowie Spielzeug, Möbel und Bücher. Neben dem Onlineshop gibt es Geschäfte in Wien und Dornbirn
www.herrundfrauklein.com
kyddo
Concept Store für biologische und nachhaltig hergestellte Kinderkleidung, Spielzeug und Kinderzimmer-
ausstattung
www.kyddo.shop
popolini
Ein österreichischer Familienbetrieb in zweiter Generation. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Wien produziert Stoffwindeln, nachhaltige Baby- und Kindermode sowie Heimtextilien
www.popolini.com
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