Wie man ein veganes Gulasch kocht: Tipps vom Profi

Boris Drlicek im Mimi im Stadtelefant Sonnwendviertel richtet vegane Knödel mit Schwammerlsauce an
Im Jänner wird im Mittagslokal Mimi im Stadtelefant vegan gekocht. Koch Boris Drlicek über veganes Gulasch, Essen wie von der Mama und die Unverzichtbarkeit von Zwiebeln
Von Lea Moser

Das Gulasch köchelt, Boris rührt um. Dann richtet der Küchenchef des Mittagslokals „Mimi im Stadtelefant“ an, garniert, schmeckt ab und führt zwischendurch Schmäh mit den Gästen, die in die offene Küche rufen. Alle Speisen, die er zu den Tischen schickt, sind vegan. Kein Fleisch, kein Fisch, keine Eier, keine Milch. Die Herausforderung: Es soll schmecken wie früher, trotzdem nachhaltig und am Puls der Zeit sein. In der Mimi, gelegen im Wiener Sonnwendviertel, werden täglich wechselnde Menüs serviert, im Jänner gibt es einen Monat lang nur pflanzliche Küche. Das liegt am Engagement des Koches Boris Drlicek.

Boris Drlicek im Mimi im Stadtelefant Sonnwendviertel richtet vegane Knödel mit Schwammerlsauce an

Das Motto des Küchenchefs im Mittagslokal Mimi im Stadtelefant: „Ich koche für Menschen, nicht für Sterne“

Vor einem Jahr war er noch leidenschaftlicher Fleischesser – bis ihn ein Freund herausforderte: Ob er schaffe, ein Monat lang keine Tierprodukte zu essen? Er schafft es, bleibt dabei und interessiert sich zunehmend für Tierrechte. Schlussendlich ist es für ihn ethisch nicht mehr vertretbar, Fleisch zu essen. Er lernt neue Techniken, probiert sich durch Ersatzprodukte und tauscht das Rind im Gulasch gegen Soja. Drlicek hat eine kulinarische Mission: zeigen, dass veganes Essen richtig gut sein kann – aromatisch, deftig, warm. Er nennt es „Wohlfühlessen, wie von der Mama“.

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Ode an die Zwiebel

Wer ein veganes Gulasch kochen will, das nach Gulasch schmeckt, muss seine Zutaten verstehen. Das Geheimnis von Drlicek: die fast romantische Hingabe zu Zwiebeln, über die er so leidenschaftlich spricht, als wären sie die Essenz allen Lebens. Fast eine Stunde schwitzen sie vor sich hin, bevor die restlichen Zutaten dazukommen. Wenn Drlicek ins Reden kommt, ist es unmöglich, ihn aufzuhalten. Fast brennt ihm das Gulasch an, er rührt wieder. Dann erzählt er von seiner früheren Arbeit als fliegender Koch, für ein Cateringunternehmen bereitete er Speisen im Flugzeug zu: mit viel Fleisch, von dem dann Unmengen im Müll landeten. Heute verfolgt er deswegen ein Zero Food Waste Konzept. 

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Restl-Verwertung

Gibt es zu Beginn der Woche Laugenbrezeln, kommen die Reste am Freitag in die Semmelknödel. Der Curryreis vom Mittwoch wird zur Paprikafüllung am Donnerstag. Was nicht weiterverarbeitet wird, spendet das Lokal einer Obdachlosenunterkunft für Frauen. „Essen ist für mich Leben, Gesellschaft, Kultur und Familie“, sagt Drlicek – und nicht nur ein Produkt, das verkauft wird. „Ich koche für Menschen, nicht für Sterne“, ist das Motto des Niederösterreichers. Damit meint er Essen „ohne Firlefanz und Etepetete.“

➤Rezept: Bohneneintopf mit Tomaten 

Ein echter Wiener

Es ist kein Zufall, dass gerade das Wiener Gulasch sein Spezialgericht ist. Nicht hübsch, nicht Avantgarde – aber deftig und ein Original. Damit das fleischlos gelingt, widmet Drlicek dem Experimentieren mit Aromen und Gewürzen viel Zeit. „Die vegane Küche verzeiht keinen Fehler“, erklärt er, „im Gegensatz zum Kochen mit Fleisch.“

Mimi im Stadtelefant 
Bloch Bauer Promenade 23, 1100 Wien 
Reservieren unter: mimi.im.stadtelefant@gmail.com
oder telefonisch:
0665/655 74 643

Vegane Lokale 
– Traditionell österreichisch wird im Velani oder Landia gekocht
– Kuchen und Herzhaftes gibt es im Café Harvest 
– Eine große Auswahl vietnamesischer Küche wird im Vevi geboten 

Denn das bringe Fett und Geschmack ins Gericht, egal wie fad es gewürzt ist. Dieses Durchschummeln sei vegan kaum möglich. „Kochen ist ein ständiger Lernprozess. Was ich in meiner Ausbildung gelernt habe, war schon kurz darauf out of date.“ Dass es auch eine vegane Kochausbildung braucht, steht für ihn außer Frage.

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Vegan Koch Boris Drlicek in seiner Küche im Mimi im Stadtelefant im Sonnwendviertel

Boris Drlicek will veganes Essen kochen, das auch Fleischesser überzeugt

Gewürze, Öl und Neugier

Als Flugzeugkoch kam der Dreißigjährige viel herum und hat Rezeptinspirationen aus aller Welt mit nach Hause genommen. Als veganer Koch müsse man in die Ferne schauen. Denn in den Küchen dieser Welt gibt es viele Gerichte, die von Haus aus vegan sind. Drlicek zeigt sein Notizbuch, vollgekritzelt mit Ideen und Zutatenlisten. Aber: Ausgerechnet die österreichische Hausmannskost lässt sich nur schwierig vegan interpretieren.

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Top 5 Tipps

Die wichtigsten Zutaten, damit die vegane Küche funktioniert: ein großer Vorrat an verschiedenen Gewürzmischungen, ein Airfryer für zu Hause, viel Sojasauce und genauso viel Neugier. Gewürze, Essige und Öle müssen bester Qualität sein. Drlicek mischt sich ein eigenes Paprikapulver aus verschiedenen Sorten, auch für das Gulasch, das er ein letztes Mal abschmeckt.

➤ Mehr Tipps: Das muss man zum veganen Jänner wissen 

Vegan oder Fleisch?

Endlich steht das Gulasch auf dem Tisch. Drlicek serviert es mit seiner liebsten Anekdote, von dem Gast, der das vegane Gulasch für eines mit Fleisch gehalten habe. Und dann bat, den Irrtum geheim zu halten, um vor den Kollegen keinen Gesichtsverlust zu erleiden. Man glaubt die Geschichte sofort, das Soja-„Fleisch“ zergeht im Mund und auch der letzte Rest vom Gulaschsaft wird aufgetunkt. Boris Drlicek nimmt die Komplimente lachend an – und spricht eine Einladung für morgen aus. Denn: „Ein richtiges Gulasch gehört aufg’wärmt.“

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