In manchen Restaurantküchen herrsche ein so rauer Ton, dass eine Heavy-Metal-Band beeindruckt sein könnte, beschrieb einmal ein Kulinarik-Fachmagazin. Wie halten es unsere heimischen Köche damit?
Musik muss sein
So ein Szenario wäre bei Thomas Scheiblhofer gar nicht möglich. Man habe „eigentlich immer Musik aufgedreht“, dort im Untergrund. Da hört man dann Dance- und Poptracks oder elektronische Tanzmusik aus der Patisserie herauftönen. Während des Service auch einmal das Radio – am Freitagabend sei die Sendung „Davidecks“ auf Radio FM4 „ein Muss“. Das passt insofern, als sich die Sendung aus Neuem und Altem in einer Art DJ-Line unter anderem als „Küchenparty“ versteht.
Einen Stock höher könnte lauter Punk der „Toten Hosen“ mit Scheiblhofers Underground eine originelle Paarung eingehen. Wenn die deutschen Band-Urgesteine dröhnen, weiß man im Haus: Küchenchef Paul Ivic ist heute nicht nur Herr der Küche, sondern auch der Playlist. „Bei uns darf jeder Mitarbeiter einen Tag lang die Playlist bestimmen. Wenn ich es bin, laufen meistens die Toten Hosen.“
Der Musikgeschmack der Küchenbrigade ist allerdings höchst unterschiedlich. „Von Techno bis Klassik geht bei uns alles“, sagt Ivic. „Gemäß dem Tian-Credo ‚Es lebe das Leben‘ lieben wir, wenn Musik läuft“.
Teamwork mit Playlist
Im „Stüva“ in Ischgl hat die Küchencrew um Benjamin Parth gemeinsam eine Playlist zusammengestellt. Damit jedes Mitglied seine Lieblingsstücke nacheinander spielen kann, wurde ein eigenes „Radl“ installiert. So kommen alle in den Genuss von elektronischer Musik bis Rock-Classics. Und das im Küchenlärm nicht gerade leise. „Wir haben auch in richtig gute Boxen investiert.“
Sören Herzig, junger Sternekoch in Wien, sieht die Musikauswahl pragmatischer: „Am ehesten läuft bei uns 80er-Jahre-Musik oder das Radio. Da finden sich alle wieder.“
Roland Trettl ist musikalisch gesehen eher kein Teamplayer. Als Küchenchef im „Ikarus“ in Salzburg oder bei Eckhart Witzigmann führte er mitunter 30-köpfige Küchenteams. „Da war es unmöglich, mit Musik zu arbeiten, weil einer gern R&B, der nächste Rap und der übernächste Rock hören will. Das führt in einem großen Team immer zu Streit.“
Als Privatperson hört Trettl gern Musik beim Kochen. „Ich finde es sehr anregend.“ Allerdings mittlerweile nur, wenn er alleine in der Küche kocht. „Selbst wenn meine Frau an meiner Seite ist, gibt es schon Diskrepanzen.“ Steht nur er am Herd, muss die Musik passen. „Kochen ist Emotion. Daher mag ich nichts Aggressives wie Heavy Metal oder Rap. Wenn ich aber ,Shallow‘ von Lady Gaga höre, brauche ich nicht einmal eine Zwiebel, um Tränen in den Augen zu haben.“
Mit Stefanie Herkner gehen die Emotionen durch, wenn sie in der Küche ihres Gasthauses „Zur Herknerin“ ihren Londoner Lieblingsradiosender hört. Vier Jahre auf der Insel haben eben ihre Spuren hinterlassen. „Wenn ich den Sender Mellow Magic höre, geht mir das Herz auf.“ Im übrigen auch bei Jazz und Klassik: „Musik brauche ich extrem. Bürokratisches oder die Menüplanung kann ich ohne gar nicht machen.“ Da ist sie geprägt von ihrer Mutter, Fan von Elvis und Simon & Garfunkel. „Als jüngerer Mensch konnte ich das gar nicht hören. Heute mag ich’s. Auch, wie meine Mutter in Erinnerungen schwelgt.“ Da die beiden mitunter gemeinsam in der Küche stehen, möchte man den Herknerinnen am liebsten zusehen. Und -hören.
Ruhig wird es in den Profi-Küchen allerdings dann, wenn die Gäste kommen. „Während dem Abendservice herrscht bei uns absolute Ruhe, weil wir uns ganz auf das Service konzentrieren. Es wird nur das Nötigste gesprochen und alles in einem sehr leisen Ton“, beschreibt Paul Ivic die abendliche Geräuschkulisse. In diesen Phasen großer Anspannung, wo alles passen muss, lenkt auch anderswo nichts von den Speisen und dem Arrangement auf den Tellern ab. „Die wichtigsten Arbeiten“, sagt Benjamin Parth. „Da ist bei uns in der Küche Ruhe angesagt.“
Stefanie Herkner fokussiert sich in den „stressigen Phasen“ als Wirtin und Köchin ebenso am liebsten ohne Untermalung. „Der Lärmpegel ist ohnehin hoch.“ Dies habe „manchmal was Italienisches“. So gesehen auch wieder inspirierend. Andere Profis lassen Musik überhaupt außen vor. „Jahrhundertkoch“ Eckhard Witzigmann bringt es für sich so auf den Punkt: „Für mich waren die Töpfe die Musik.“
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