Essbares Handwerk: Französische Pasteten und Terrinen
Pasteten und Terrinen sind Inbegriff der französischen Küche. Gerold Scheucher, Küchenchef alter Schule, bereitet sie auch im Wienerwald zu. Er lernte die Kunst beim Würstelmachen
Betritt man eine Charcuterie (ein französisches Geschäft für gekochtes Fleisch und Aufschnitte) oder ein Delikatessengeschäft in Beaune, Lyon oder Paris, türmen sie sich vor des Besuchers Auge: Prächtige Pâtés in ihren kunstvoll dekorierten Teigen, Galantinen, Terrinen und Parfaits, darin Fleisch, Wild, Innereien, Leber, Trüffel, Obst, Pilze und vieles mehr. Betritt man das Geschäft eines heimischen Fleischhauers, vulgo Metzgers, wo auch immer – ist da Leberkäse. Nein, wir wollen nicht gemein sein, und Leberkäse ist etwas sehr Gutes, der Pastete in gewissen Grundzügen nicht unverwandt.
Aber Pasteten nach französischem Vorbild sind richtig aufwendiges Kochen, nicht nur deshalb waren sie in letzter Zeit nicht gerade in Mode. Doch seit französische Küche sich gegenüber der skandinavischen und der spanischen Molekularküche wieder ein bisschen nach oben gekocht hat, findet man sie mit oder auch ohne Teig nicht nur in Paris, wo sie nie wirklich out waren. Sondern auch in den feinen Delikatessengeschäften in London oder im Feinschmecker-Zentrum Tokio, wohin viele japanische Köche nach ihrer Lehrzeit in Frankreich zurückkommen.
Ein handwerkliches Produkt in Reinkultur
Seit junge Pariser Köche in ihren modernen Bistros Pastete oder eine Version davon, die sogenannte Pithivier (eine runde, heiß servierte Pastete mit salziger oder süßer Füllung, benannt nach einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Paris) anbieten, kann man sagen: Pastete ist auch bei den jüngeren Essern der dernier cri. Nur weiß das natürlich in Österreich wieder keiner.
Pastete ist ein handwerkliches Produkt in Reinkultur. Ein produit artisanal, für welches es in Frankreich Preise und Auszeichnungen gibt wie für Käse oder Baguette. Es gibt drei Fehler, die man machen kann. Erstens bei der Auswahl des Innenlebens. Das besteht aus der sogenannten Farce (im Kutter oder Fleischwolf feinst zerkleinerte Fleischmasse) und einem edlen Stück (meist Filet oder Brust), das mit der Farce umhüllt wird. Der zweite Fehler ist Unachtsamkeit beim Würzen, der dritte zu geringe Kenntnis bei der Zubereitung und Anwendung des Pastetenteigs. Ein guter Pastetenmacher ist also Fleischhauer, Koch und Bäcker in einem.
Vorbereitung: 10 min Zubereitung: 100 min Portionen: 4 bis 8
300 g Entenkeulenfleisch
300 g Schweinerückenspeck
300 g Entenleber
100 g Schlagobers
Pökelsalz, Pfeffer, Herbes de Provence
etwas Weinbrand und Portwein
150 g Dörrzwetschken
- Fleisch in der Faschiermaschine auf der Vier-Millimeter-Scheibe faschieren
- Fleisch würzen und mit dem Obers zu einer homogenen Masse verrühren, bis die Masse gut bindet
- Eine Pastetenform (Königskuchenform) mit dünn geschnittenen Pastetenspeck auslegen
- Die halbe Masse einfüllen, drei Reihen Dörrzwetschken in die Masse einlegen und Restmasse darauf verteilen
- Mit dem überlappenden Speck einschlagen und im Wasserbad bei achtzig Grad für neunzig Minuten pochieren, über Nacht erkalten lassen
Tipp: Dazu passen kalt gerührte Preiselbeeren, Marillenchutney oder Rote Zwiebelmarmelade
Nur frisch zubereitet
So wie Gerold Scheucher, Konditor und Küchenchef alter Schule mit Liebe zur französischen Küche, der einige ausgesuchte Wiener Delikatessengeschäfte mit seinen Terrinen und Pasteten beliefert. Scheucher stellt seine Ware jede Woche frisch in einer Küche in seinem Wohnort im Wienerwald her.
Dienstag wird ausgeliefert, gleichzeitig treffen die Bestellungen für die kommende Woche ein. „Am Donnerstag trifft die frische Ware, die ich für die Bestellungen der nächsten Woche brauche, ein. Am Wochenende wird gekocht und produziert. Dafür habe ich unter der Woche Zeit zum Tennis- und Fußballspielen.“ Auf Vorrat wird nicht produziert, die Ware, meistens einige Wochen haltbar, kommt frisch in den Handel.
Gerold Scheucher war Küchenchef im Palais Schwarzenberg in Wien, hat im Tantris bei Eckart Witzigmann in München gearbeitet und bei den Brüdern Haeberlin in der Auberge de l’Ill im Elsass, beides Ikonen der europäischen Spitzenküche. „Ich liebe die französische Küche, die Klassik,“ sagt er und fügt hinzu, dass diese Art des Kochens leider kaum mehr zu finden wäre. So wenig wie Terrinen, Pasteten oder Soufflés in den Restaurants des deutschsprachigen Raums, die es vor zwanzig Jahren noch öfter gab.
Pasteten wie in Paris
„Bei Fauchon in Paris, dem besten Delikatessengeschäft der Stadt, gibt es meterweise Pasteten, mit allen möglichen Füllungen, alle schmecken super“, sagt Scheucher. Und gerät ins Schwärmen, wenn er an die Zeit bei Witzigmann denkt: „Wir machten Gerichte wie eine Wachtelgelatine, da habe ich Präzision erlebt und gelernt.“ Worauf kommt es beim Pastetenmachen an? „Das Wichtigste ist das Gefühl.“
Es geht darum, beim Kuttern, bei der Mischung der Zutaten für die Farce (Füllung) immer die Temperatur im Auge zu haben. „Wenn sich Fett und Wasser trennen, hilft nichts mehr, dann ist die Farce abgerissen.“ Küchendeutsch für: Zurück an den Start. Das Sortiment ist durchaus saisonal, wie der Pastetenmacher sagt: „Im Winter gibt es Bauernterrine (siehe Rezept), Geflügelleber und Wild, im Frühling Spargelterrine, im Sommer Sülzchen, im Herbst Hirsch und Ente.“
Vorbereitung: 10 min Zubereitung: 100 min Portionen: 4 bis 8
500 g Hühnerleber 500 g Butter zimmerwarm 50 g Schlagobers Pökelsalz, Pfeffer etwas Weinbrand und Portwein Auslegespeck für Pasteten 40 g grüne Pfefferkörner
- Hühnerleber fein faschieren und mit den Gewürzen und dem Obers im Standmixer eine Minute mixen, danach die lauwarme Butter untermixen. Die Masse muss sich gut binden
- Grüne Pfefferkörner unterrühren
- Pastetenform mit Pastetenspeck auslegen und Lebermasse einfüllen, im Wasserbad bei achtzig Grad für neunzig Minuten pochieren
- Über Nacht erkalten lassen
Tipp: Dazu passen Orangenchutney oder auch eingelegter Kürbis
Gab es eine Rezeptur, die Scheucher nicht geschmeckt hat? „Vor Jahren wollte ich eine Terrinen-Version des Caprese-Salats mit Mozzarella, Tomaten und Basilikum machen, das fanden meine Kunden aber irgendwie nicht so attraktiv.“ Vielleicht erfolgt im Sommer ein neuerlicher Versuch.
Die ersten Erfahrungen sammelte er mit sechzehn Jahren in Zell am See, im Grandhotel in einer hauseigenen Metzgerei. „Wir haben damals Frankfurter Würstel selbst gemacht und ich lernte von einem Kärntner Metzger, worauf es ankommt. „Wenn die Farce beim Kuttern zu spiegeln beginnt, muss man sofort aufhören und die Temperatur runternehmen.“ Der Meister der Pasteten, Galantinen und Terrinen lernte sein Handwerk also beim Würstelmachen.
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