Erfahrungen im Swingerclub: "Es war gar nicht so toll"

Mehrere Fußpaare lugen unter der Decke hervor und sollen auf einen Swingerclub anspielen
Christian und Alma berichten von ihrer gemeinsamen Suche nach Abenteuern im Swingerclub: von Fehlschlägen, Eifersucht und Hoffnungen.

Nach außen hin sind wir ein relativ normales Paar und eine sehr liebevolle Familie. Aber wir haben für uns entschieden, dass wir einander bestimmte Freiräume geben wollen, damit wir uns auch nach vielen Jahren innerhalb der Beziehung frei fühlen. Es geht darum, dass wir zusammen sein möchten und nicht zusammen sein müssen.

"Die meisten Menschen in diesen Clubs haben uns einfach optisch nicht gefallen."

Diese Freiräume beginnen damit, dass man dem anderen mitteilen kann, was man für Wünsche hat. Das beginnt im Kopf mit Fantasien, die man hat, die man dem anderen mitteilen kann und sich dabei nicht schlecht fühlen muss. Das führt dazu, dass man sich eigentlich näher kommt und vielleicht sich auch weniger einsam fühlt. 

➤ Mehr lesen: Sind offene Beziehungen ein zukunftsträchtiges Modell?

Wir haben beide in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass wir unsere Bedürfnisse oft nicht aussprechen durften und das hat langfristig dazu geführt, dass man nur noch für sich selbst in seiner Fantasie die Erfüllung sucht, beziehungsweise dann tatsächlich fremdgehen muss und Dinge tun muss, die einem dann leidtun.

Wie ist es als Paar im Swingerclub?

Die ersten Erfahrungen haben wir sehr früh in unserer Beziehung gemacht. Es war für uns beide klar, dass wir keine "normale Beziehung" haben möchten, nachdem wir schon in unseren vorherigen Beziehungen enttäuscht worden sind. 

Und wir haben begonnen, auszuprobieren, was das für uns bedeutet und sind in einem Swingerclub gelandet. Die ersten Erfahrungen im Swingerclub waren eigentlich gar nicht so toll – aus mehreren Gründen:

  • Erstens ist es sehr schwierig Menschen zu finden, die man attraktiv findet, wenn man wirklich aktiv auf der Suche ist. Die meisten Menschen in diesen Clubs haben uns einfach optisch nicht gefallen.
  • Dann ist es auch schwierig und zum Teil auch gefährlich, wenn man jemanden gar nicht kennt und sich gleich auf eine Art Abenteuer einlässt - weil da unter anderem Menschen dabei waren, die mit sich selbst sehr unzufrieden sind oder innere Aggressionen haben. 
  • Es waren vor allem viele Männer, die eigentlich nur eine Möglichkeit suchen, Frauen zu erniedrigen

Deswegen haben wir uns nicht wirklich wohlgefühlt in diesen Clubs.

Es war trotzdem spannend und wichtig für unsere Entwicklung. Aber unsere Hoffnung ist, dass wir in Zukunft vielleicht in einem anderen Setting Menschen finden, die wie wir einfach ihren Horizont erweitern und Dinge ausprobieren wollen, ohne dabei ihre eigentliche Beziehung infrage zu stellen, weil darum geht es gar nicht.

Mehr Freiräume führen zu mehr Nähe zum Partner

Das Tolle an dem Konzept ist, je mehr Freiräume man bekommt, umso mehr sehnt man sich nach Nähe und ich denke, dass das funktionieren kann, solange man als Ziel hat, seine eigene, aber auch die Lust des Partners zu befriedigen. 

Wenn es wirklich darum geht, die Lust zu erleben und es nicht um Machtkämpfe geht oder darum, den anderen zu erniedrigen, dann können Konstellationen funktionieren, wo man sich im Rahmen der Sexualität Menschen von außen dazuholt, um eine Art Erweiterung der unterschiedlichen Facetten des Liebeslebens zu erfahren.

"In einer Situation, wo man zu dritt oder zu viert im Bett ist, kann sehr schwierig sein, wenn man kein Gefühl für den anderen hat und nicht merkt, ob es zu viel oder zu wenig wird."

Mit anderen Worten: Wir haben eine stabile Partnerschaft, eine Familie, wir sind vier Jahre zusammen, aber gleichzeitig möchten wir auch – nicht immer, aber gelegentlich – Abenteuer erleben und wir haben für uns beschlossen, dass der beste Weg darin liegt, diese Abenteuer gemeinsam zu erleben. Dadurch wächst auch die Liebe zueinander. 

Und wenn man es schafft, sich dabei nicht zu verletzen, wird die Nähe viel größer und das Vertrauen.

➤ Mehr lesen: Diese 15 Faktoren sorgen dafür, dass Paare zusammenbleiben

Wie schafft man es, nicht eifersüchtig zu werden?

Das Wichtigste ist, dass man ein gutes Gefühl für seinen eigenen Körper und seine eigenen Gefühle hat und eben auch für den Partner. Man muss sehr schnell begreifen, wenn es dem Partner schlecht geht – auch nonverbal, weil das in einer Situation, in der man zu dritt oder zu viert im Bett ist, sehr schwierig sein kann, wenn man kein Gefühl für den anderen hat und nicht merkt, ob es zu viel oder zu wenig wird.

Es ist auch ganz schwer Regeln aufzustellen, weil es tatsächlich von Situation zu Situation unterschiedlich ist. Es kann sein, dass es in einer Situation so passt, dass man bereit ist, ganz weit zu gehen und in anderen Situationen wird vielleicht eine einzelne Konversation dazu führen, dass man eifersüchtig wird. 

Es ist sehr, sehr schwierig, das festzulegen und es ist in Wahrheit unmöglich, diese Dinge zu spüren, ohne dabei gelegentlich auch Schmerz zu fühlen. Aber letztlich geht es um die Balance und darum, dass man möchte, dass man gegenseitig glücklich ist.

"Wir möchten gemeinsam mehr erleben"

Was für uns immer wichtiger geworden ist, je länger wir zusammen sind, ist, dass wir nach außen hin als gemeinsames Paar auftreten und wir auch immer ganz klar feststellen, wer unser Partner ist, zu wem wir "gehören". 

Gerade in diesen Konstellationen muss es immer klar sein: Es geht nicht darum, den einen aus der Beziehung herauszusprengen. Es ist klar, wir sind grundsätzlich mit unserer Beziehung zufrieden, wir möchten aber gemeinsam mehr erleben.

Schwierige Lebensphasen

Schwieriger war es, als die Kinder klein waren. Jetzt, wo die Kinder älter sind, wird es wieder leichter. Es gibt einfach Phasen im Leben, wo die Sexualität nicht an erster Stelle steht und das muss man auch akzeptieren. Das bedeutet auch nicht, dass man langweilig geworden ist, gar nicht. 

Aber es ist nun mal in der Partnerschaft so, dass es wirklich gute und schlechte Zeiten gibt. Und in den schlechten Zeiten ist es auch schön zu sehen, dass man Nähe haben kann und füreinander da sein kann, ohne dass die Sexualität im Vordergrund stehen muss.

Wie wird das im Alter?

Dann ist natürlich auch das Problem, wie geht es weiter, wenn wir älter werden? Diese Frage haben wir uns schon oft gestellt. Vor allem, wenn man Paare sieht, die 55- oder 60-Plus sind, ist schon die Frage, was wird dann sein. Ich denke, das ist ein fließender Prozess und die Dinge ändern sich, wenn man älter wird.

➤ Mehr lesen: Nach 46 Jahren die Sexualität neu entdeckt

Die Zukunft würden wir uns wünschen, dass wir neue Kreise und neue Menschen entdecken. Im Moment sind wir in Bezug auf die Swingerclubs relativ ernüchtert. Ich denke nicht, dass es möglich ist, jemand wirklich tollen kennenzulernen, aber das wird die Zeit zeigen. Wir werden einfach weitersuchen und versuchen, uns weiterzuentwickeln. So gesehen, sind wir optimistisch für unsere gemeinsame Zukunft.

- Alma und Christian

Kommentare