Eine Serviette, die sexuelle Übergriffe verhindert

Symbolbild
Mit der Erfindung will eine US-Studentin Frauen und Männer vor sexuellen Übergriffen unter Drogeneinfluss schützen.

Eine Nacht im Clublokal, ein unbedachter Moment, in dem das Getränk aus den Augen gelassen wird und K.-o.-Tropfen darin landen: Österreichweit wurden 2015 laut Polizeistatistik in 54 Fällen Vergewaltigungen aktenkundig, bei denen die Täter ihre Opfer ohne deren Wissen unter Drogen gesetzt hatten. 2014 waren es acht Fälle, 2013 nur einer. Der Großteil der Opfer sind Frauen.

Zu den am häufigsten genutzten Drogen, die von den Tätern verwendet werden, um Opfer gefügig zu machen, zählen K.-o.-Tropfen, Psychopharmaka, Stimulantien wie Crystal Meth, Ecstasy und Kokain ebenso wie der in Cannabis enthaltene Wirkstoff THC und auch Opiate wie Heroin oder Morphium. Unter dem Begriff K.-o.-Tropfen werden flüssige Drogen subsumiert, die in geringer Dosis stimulierend und enthemmend, in höherer Dosierung betäubend und einschläfernd wirken. K.-o.-Tropfen sind farb- und geruchlos, schmecken salzig bis seifig, sind jedoch in Mixgetränken kaum wahrnehmbar. Täter können Fremde, Bekannte, aber auch vermeintliche "Freunde" aus dem persönlichen Umfeld sein.

Danya Sherman, US-Studentin an der George Washington University in Washington, D.C. machte während eines Aufenthalts in Spanien Erfahrungen mit sogenannten "Vergewaltigungsdrogen". Nachdem ihr ein Bekannter die Substanzen ins Getränk mixte, wurde er übergriffig. Im Interview mit dem Independent sagte sie: "Es war das erste Mal, dass ich auf das Thema aufmerksam wurde und persönlich betroffen war."

Smarte Serviette

Angetrieben von den Erlebnissen entwickelte sie "KnoNap" - eine Serviette (auf Englisch "napkin"), die alles weiß (auf Englisch "to know"). Soll heißen: Mit der Serviette kann man Getränke auf Drogen testen und den Trinker oder die Trinkerin so alarmieren. 26 der 40 am häufigsten verwendeten Drogen kann das Tuch identifizieren. Außerdem schlägt es auch auf Benzodiazepine an, die als Tranquilizer ebenfalls oft in Getränken landen. Sie haben eine angstlösende, muskelentspannende, sedierende und hypnotische Wirkung.

Entwickelt hat Sherman "KnoNap" im Rahmen eines Kurses an der Uni. Sherman zufolge sehe die Serviette wie eine herkömmliche aus. Mit den Ecken kann man jedoch Flüssigkeit aus dem Getränk aufsaugen. Verändert sich die Farbe, ist das ein Anzeichen dafür, dass sich Drogen darin befinden.

Derzeit wird die Umsetzung ihres Projekts von der University of Washington gefördert. Geld bekommt Sherman auch vom Halcyon Incubator, einem Unternehmen, dass Start-ups unterstützt. Zudem soll im Frühling dieses Jahres eine Kickstarter-Kampagne gestartet werden, um Geld zu sammeln.

Die US-Amerikanerin hofft jedenfalls, dass ihre Innovation "soziale Veränderungen" bewirkt. Außerdem liegt ihr am Herzen, dass ein stärkeres Bewusstsein für derartige Übergriffe geschaffen wird. Frauen wie Männer sollten die Möglichkeit haben sich zu schützen, "damit es kein #metoo mehr geben muss", wie sie in Anspielung an die weltweite Debatte über sexualisierte Gewalt sagt.

Kritik an "KnoNap" und Co.

"KnoNap" ist nicht die erste Erfindung, die Vergewaltigung in Fortgeh-Settings vorbeugen soll. In der Vergangenheit wurden immer wieder Produkte entwickelt, wie beispielsweise ein Anti-Vergewaltigungsnagellack, die Frauen vor sexualisierter Gewalt schützen sollen. In den USA haben Schülerinnen vergangenes Jahr einen Strohhalm entwickelt, der anzeigt, ob sich K.-o.-Tropfen im Getränk befinden (mehr dazu hier). In Lokalen auf der ganzen Welt werden seit geraumer Zeit sogenannte "Angel Shots" serviert. Bei dem Getränkenamen handelt es sich um einen Code, den Frauen, die sich in Gesellschaft eines anderen Gastes oder ihres Rendezvous unsicher fühlen, verwenden können (mehr dazu hier).

Die Kritik an diesen Innovationen lautet, dass sie nicht die Ursache, also den Täter, sondern das Opfer in den Fokus stellen. Dadurch würde der Etablierung der Täter-Opfer-Umkehr Vorschub geleistet und Victim Blaming unterstützt. Dabei handelt es sich um eine Verhaltensweise innerhalb der sogenannten Rape Culture (zu Deutsch: Vergewaltigungskultur), die sexualisierte Gewalt und Vergewaltigung nicht nur weitgehend toleriert und duldet, sondern auch die Verhinderung von Vergewaltigungen als Aufgabe der Opfer sieht. Damit einher geht die Verharmlosung des Missbrauchs an sich und die Herabsetzung Betroffener oder potentieller Opfer zu Sexualobjekten, was auch als Victim Shaming bezeichnet wird.

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