Axels Terrasseneintopf: Wie die Mond-Pflanze überlebt hätte

Axels Terrasseneintopf: Wie die Mond-Pflanze überlebt hätte
Baumwolle im Topf: Den chinesischen Raumfahrern ist ihr Baumwoll-Pflänzchen wieder eingegangen. Hier einige Tipps für sie.

Den Chinesen ist also eine Pflanze eingegangen. Dafür müssen wir Balkongärtner und Terrassengärtnerinnen nicht extra auf den Mond fliegen, das geht zu Hause auch. Darüber berichtet aber nie jemand, während der kleine Baumwollspross der chinesischen Raumfahrer es in alle Nachrichten geschafft hat: An Bord der Mondsonde „Chang’e 4“ hat vorige Woche erstmals eine Pflanze auf dem Mond nicht nur das Licht der Welt erblickt, sondern gleich die ganze Welt.

Baumwolle im Topf: So überlebt sie

Dafür haben die Chinesen einen Behälter mit Erde, Luft und Wasser hingeschickt, in dem neben Baumwoll- auch Erdäpfel- und andere Samen waren, außerdem Hefe und Obstfliegen-Eier. Nur ein Samen ging auf, gestern ging das Pflänzchen wieder ein, was zu zwei Fragen führt: Wozu Baumwolle am Mond? Und, viel wichtiger: Kann man sie im Topf ziehen?

Ja.

Allerdings nicht bei minus 173 Grad und drei Wochen Dunkelheit, wie Mondnächte eben sind. Baumwolle braucht Wärme. Das Malvengewächs (eng verwandt mit Hibiskus) kommt aus den Tropen und Subtropen und gedeiht bei rund 30 Grad am besten. Es sind derzeit etwa 50 wilde Gossypium-Arten bekannt, als Nutzpflanze wurde es wahrscheinlich von vier Völkern unabhängig kultiviert: zweimal auf dem amerikanischen Kontinent, je einmal in Asien und Afrika.

Axels Terrasseneintopf: Wie die Mond-Pflanze überlebt hätte

Die Blüte der Baumwollpflanze ist als Malvengewächs eng mit dem Hibiskus verwandt.

Mit der industriellen Nutzung begann die sehr durstige Baumwolle dann die Welt zu zerstören: Um einen Kilo zu bekommen braucht man bis zu 29.000 Liter Wasser, für ein T-Shirt sind das gut 2000 Liter. Die Sowjets trockneten sogar den Aralsee aus, um das Cotton-Business zu erobern. Außerdem machen langsames Wachstum und hoher Einsatz von Chemie die Böden kaputt – elf Prozent aller verwendeten Pestizide landen auf Baumwollplantagen.

Axels Terrasseneintopf: Wie die Mond-Pflanze überlebt hätte

Baumwoll-Wattebäusche schützen Samen und sorgen dank Wind für die Verbreitung der Pflanze.

Wolle im Topf

Das alles kümmert uns Bio-Hobbygartler nicht, für die Baumwolle als Topfpflanze brauchen wir keine Chemie. Tatsächlich kann die Zucht im Topf gelingen, die Baumwolle ist nämlich gar kein Baum, sondern ein Strauch und nur in der Wildnis bis zu sechs Meter hoch.

Die Aussaat ist im Jänner perfekt, da lagen die Chinesen richtig. Zum Keimen braucht der frische Samen mindestens 22 Grad und vor allem gleichbleibende Boden-Feuchtigkeit, er verträgt aber überhaupt keine Nässe. Man legt ihn am besten auf ein Gemisch aus normaler Blumenerde (Nährstoffe!), Sand (guter Wasserabzug) und Anzuchterde (locker) und bedeckt ihn nur dünn.

Der perfekte Standort ist irgendwo zwischen dem 43 Grad nördlicher und 36 Grad südlicher Breite in den (Sub-)Tropen. Alternativ sollte es auch im warmen und hellen Gewächshaus oder im Wintergarten oder auf der Fensterbank klappen.

Sobald das Pflänzchen sprießt, muss man alle zwei Wochen düngen und es nie tiefen Temperaturen aussetzen (soweit klar, China?), auch im Sommer draußen nicht. Dort blüht die Pflanze weiß bis gelb und bildet grüne Kapseln, die gegen Herbst trocknen und aufspringen. Macht man alles richtig, kann die Pflanze mehrjährig wachsen, Baumwolle wurde zur Einjährigkeit erst kultiviert. Oder man fuzelt aus den kleinen, lieben Wattebäuschen wieder frische Samen. Am besten bei Vollmond.

axel.halbhuber@kurier.at

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