Zum Tod von Christiane Hörbiger: Eine ungewöhnliche Frau

Zum Tod von Christiane Hörbiger: Eine ungewöhnliche Frau
Die Schauspiellegende, die an den Theaterbühnen wie in der TV-Unterhaltung ihr Publikum berührte, ist im Alter von 84 Jahren verstorben.

„Ich gebe die Hoffnung nicht auf“, sagte Christiane Hörbiger 2018, vor ihrem 80er, dem KURIER, „dass ich da oben eines Tages alle meine Lieben wiedersehe, das wäre schön.“

Dieser Glauben der österreichischen Schauspiellegende ist für ihre vielen Fans eine vielleicht etwas tröstliche Beigabe zu der Nachricht, die den KURIER am Mittwochnachmittag erreichte: Hörbiger, die schon die vergangenen Monate völlig zurückgezogen lebte und nach einer Erkrankung geschwächt war, ist in der Früh an den Folgen einer Lungenerkrankung verstorben.

Mit ihr starb einer der größten Publikumslieblinge – und das über Jahrzehnte hinweg – des Landes; eine Schauspielerin, die (das ist in mancher Hinsicht ein Vorteil, in vielen anderen ein Nachteil) aus einer der wichtigsten Künstlerdynastien heraus ihren eigenen Weg suchen musste – und in unnachahmlichem Ausmaß gefunden hat. Christiane Hörbiger berührte die Menschen auf den wichtigsten Theaterbühnen und im ebenso wichtigen TV-Hauptabendprogramm.

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Paula Wessely und Attila Hörbiger

Legendäre Eltern

Christiane Hörbiger, Tochter der Schauspiellegenden Paula Wessely und Attila Hörbiger, stand für jenes Theater, das für viele Menschen die verloren gegangene Höchstform dieser Kunst ist; und für jene Abendunterhaltung mit Niveau, die das Fernsehen nach und nach zum Schauspielermedium hin etablierte.

In den späten 1950er-Jahren machte sie im Reinhardt-Seminar erste Schritte auf die Bühne; zuerst hatten die Eltern sie davon fern zu halten versucht und sie zur Zuckerbäckerinnenlehre überredet. Die ersten Gehversuche am Burgtheater – 1959 in Lessings „Nathan der Weise“ – misslangen. Dem übergroßen Schatten der Eltern versuchte sie an den Städtischen Bühnen Heidelberg auszuweichen; 1961 aber spielte sie an der Seite ihrer Mutter bei den Salzburger Festspielen und kehrte erfolgreich ans Burgtheater zurück.

„Ich hab das Komödiantische von meinem Vater. Und das, was die Seele ins Gesicht zaubert, hab ich von meiner Mutter“, sagte Hörbiger einmal dem KURIER. Und sie wurde mit diesen beiden anhaltend verglichen – eine Belastung, wie sie selbst sagte („Ein Kritiker schrieb: ,Die unbegabte Tochter der Paula Wessely.’“), was sie erneut dazu veranlasste, Österreich zu verlassen und in Zürich Fuß zu fassen. Am dortigen Schauspielhaus blieb sie von 1967 bis 1985.

Dass sie sich dennoch für den Beruf der Schauspielerin entschied, erklärte sie differenziert: „Ich bin nicht Schauspielerin geworden, weil meine Eltern so glücklich in diesem Beruf waren. Wir haben ja zu Hause die Aufregungen vor Premieren, die Schattenseiten miterlebt“, sagte Hörbiger. „Aber mit zwölf Jahren dachte ich mir, dass ich in meinem Leben viele Personen sein möchte: Prinzessin, Königin, reiche Dame, armes Mädchen. Es gibt nur einen Beruf, in dem man all das sein kann. Deshalb bin ich Schauspielerin geworden.“

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In ihrer Bühnenkarriere sollte sie die großen Rollen von Schelling, Schiller, Nestroy, Schnitzler, Hofmannsthal (1969 bis 1972 war sie die Buhlschaft im Salzburger „Jedermann“) spielen.

Millionenpublikum

In den 1980ern aber eroberte sie eine weitere Bühne, die des Fernsehens, und mit dieser ein neues Publikum, das sie verehrte: Mit der Serie „Das Erbe der Guldenburgs“ fasste sie Fuß in der Fernsehunterhaltung, wo sie seither ein Millionenpublikum erreichte. Immens dann der Erfolg mit der Serie „Julia – Eine ungewöhnliche Frau“ (ab 1999); sie spielte in zahlreichen weiteren TV-Produktionen und wurde zu einer jener Schauspielerinnen, die das Land vor dem Bildschirm versammeln konnte. Und sie wusste immer wieder – etwa in Helmut Dietls „Schtonk“ – zu überraschen und die Kritiker zu begeistern.

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Ihr Publikum fühlte sich Hörbiger nahe; dennoch hielt die Schauspielerin sorgsam ihr Privatleben privat und eine neugierige Außenwelt auch gekonnt auf Distanz.

Lebensmenschen

In erster Ehe war sie mit dem Regisseur Wolfgang Glück verheiratet. Aus ihrer zweiten Ehe mit dem Schweizer Journalisten Rolf R. Bigler (gestorben 1978) entstammt ihr Sohn, Regisseur Sascha Bigler (Hörbiger drehte mit ihrem Sohn den Film „Die Muse des Mörders“).

Lange Zeit begleitete Hörbiger ihre Trauer über den Tod ihres Lebensgefährten Gerhard Tötschinger im Sommer 2016; über diese redete sie auch öffentlich: Er fehle ihr „immer noch unendlich“, sagte sie 2018.

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Zuletzt trat Hörbiger kürzer, genoss lange Sommer in St. Gilgen („Ich habe zu meiner Agentin gesagt, dass ich auf meinen Sommer nur noch dann verzichten würde, wenn George Clooney will, dass ich seine Mutter spiele.“) und lebte völlig zurückgezogen. Ins Altersheim zu gehen, wie im Film „Zurück ins Leben“, kam für sie keinesfalls infrage. „Aber es ist ein sehr hübscher Film. Wenn ich einmal tot bin, hätte ich gern, dass man ihn zeigt.“

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