Großmeister des Kung-Fu und des Kinos
Wong Kar-wai nimmt niemals die Brille ab. Er liebt die Nacht. Und er dreht ausschließlich bei Nacht – sogar die Tagesszenen. Zum Glück gibt es von denen in „The Grandmaster“ nicht allzu viele: Mit Wong Kar-wais neuem, bilderberauschtem Martial-Arts-Epos eröffneten Donnerstagabend die 63. Filmfestspiele in Berlin.
Der Hongkong-Regisseur lieferte aber nicht nur einen formidablen Eröffnungsfilm an. Er fungiert auch als Jurypräsident und wird am Ende die Bärenpreise verteilen.
Flankiert von seinen beiden Stars Tony Leung und Zhang Ziyi, beide in China ungefähr so berühmt wie Johnny Depp und Natalie Portland hierzulande, trat Wong – natürlich sonnenbebrillt – vor die Presse. Bereits 1999 hätte er die Idee zu „The Grandmaster“ gehabt, berichtet er aufgeräumt: Da habe er nämlich eine Doku über den „Grandmaster“ Ip Man gesehen. Ip Man war nicht nur ein Meister des sogenannten Wing Chun, einer Variante des Kung-Fu, sondern auch der Lehrer von Bruce Lee.
Kung-Fu-Duette
Zugegeben, die Geschichte, die sich in detailverliebten Großaufnahmen und viel Slow-Motion über mehrere Jahrzehnte und Kriege bis in die 50er-Jahre zieht, mäandert oft recht weitschweifig vor sich hin. Doch die Schauwerte, die Wong in seinen Kampfszenen immer wieder anbietet, versöhnen.
„Ich finde diesen Film den besten, den Wong Kar-wai jemals gemacht hat“, verkündet Tony Leung, der sich bei seinem vierjährigen Kung-Fu-Training zwei Mal den Arm brach, strahlend: „Zum ersten Mal wusste ich, wer ich überhaupt bin.“Wongs Arbeitsstil, seinen Schauspielern niemals das Drehbuch zu zeigen, ist berüchtigt. Aber wer Ip Man war, konnte auch er nicht verheimlichen.
In jedem Fall gelang Festivaldirektor Dieter Kosslick mit „The Grandmaster“ ein vielversprechender Auftakt. Zum Wochenende hin kommen schon die österreichischen Beiträge zum Zug: Ulrich Seidls „Paradies: Hoffnung“ hat am Freitag Premiere. Weiters werden Arbeiten von Anja Salomonowitz und Gustav Deutsch gezeigt.
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