Woke Linke und bürgerliche Schwäche
Es ist ein prophetisches Buch im eigentlichen Sinn. Entgegen dem landläufigen Verständnis ist der Prophet ja keiner, der die Zukunft voraussagt, sondern einer, der mit klarem, unbestechlichem Blick die Zeitläufte im großen Bogen einzuordnen weiß.
Susanne Schröter, Ethnologin, erweist sich spätestens mit ihrem aktuellen Buch über den „neuen Kulturkampf“ als Prophetin unserer Tage.
Sie analysiert diesen Kulturkampf anhand der großen Themen – vom Komplex Migration/Integration/ Islam bis hin zu gesellschaftspolitischen Fragen wie Gender, Feminismus und LGBTQ.
Gespeist sind ihre luziden Überlegungen nicht zuletzt aus persönlichen Erfahrungen, sah sich Schröter doch aufgrund ihrer islamkritischen Positionen zunehmend mit Ablehnung, die sich zur Diskreditierung steigerte und schließlich in eine Rufmordkampagne mündete, konfrontiert.
„Totalitäre Zurichtung“
Als Hort des „woken“ (ein anderes Wort für linke political correctness) Zeitgeistes macht sie die Universitäten aus, von wo dieser „über staatlich geförderte Organisationen in die Politik eingespeist und letztendlich durch Handlungsvorgaben und Regularien zum Instrument einer totalitären Zurichtung der Gesellschaft wird“. Starke Worte, gewiss – aber wer die Mechanismen und Tiefenstrukturen des öffentlichen Diskurses der letzten Jahre beobachtet, wird dem durchaus zustimmen können.
Auch und gerade die Medien adressiert die Autorin als verantwortlich für die von ihr beschriebenen Entwicklungen – gehe es doch vielen Journalisten primär darum, „Haltung zu zeigen“: „Die vierte Gewalt ist selbst zum politischen Akteur geworden und verwischt die Grenze zwischen Journalismus und Propaganda.“
Korridor des öffentlichen Diskurses immer mehr verengt
Für Schröter sind die Medien neben den Unis sowie dem Kultur- und Bildungsbereich jene Felder, auf denen es der Linken gelungen ist, „die Diskurshoheit zu erlangen“. Freilich steht dem ein habituelles Versagen auf bürgerlicher Seite gegenüber. Die Autorin spricht hier von „einer mangelnden intellektuellen Satisfaktionsfähigkeit bürgerlicher Kräfte“, welche „Kultur, Medien, Bildungseinrichtungen und den vorpolitischen Raum“ in ihrer Bedeutung seit jeher sträflich unterschätzen.
Die Akteure dieses durch Alimentierung seitens der öffentlichen Hand „aufgeblähten“ vorpolitischen Raumes würden sich, so die Wissenschafterin, „maßgeblich als demokratische Korrektoren eines als tendenziell undemokratisch verstandenen Landes sehen“. Diese angemaßte Pose der einschlägigen Akteure, so kann man hinzufügen, trägt wesentlich dazu bei, dass der Korridor des öffentlichen Diskurses immer mehr verengt.
Dem entspricht freilich eine zunehmende Entfremdung breiter Kreise der Bevölkerung von Politik und Medien bzw. generell jenem „vorpolitischen Raum“. Etwas, das dann von ebendiesen Akteuren lauthals als „Polarisierung“ beklagt wird. Aber die „Mehrheit der Menschen“ ist es leid, sich etwa mit ihren Sorgen bezüglich Massenmigration ins rechte Eck stellen zu lassen; und sie will auch „nicht zum Gendern oder zu anderen absurden Sprachspielen genötigt werden und sich auch nicht belehren lassen, welches Karnevalskostüm die örtliche Antirassismustrainerin für angemessen hält“.
Trotz allem aber will sich Susanne Schröter die Hoffnung nicht nehmen lassen: „Die freie Gesellschaft ist nicht verloren, solange es Menschen gibt, die sie verteidigen.“
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