"Ich habe beschlossen, mich in der ersten Spielzeit mit dem Repertoire auseinanderzusetzen", sagte Roščić, der am 1. September 2020 antreten wird ("an meinem Antritt ändert sich nichts"). Denn das Haus hänge nicht von einzelnen Premieren ab - sondern vom "Eindruck, den das Repertoire macht". Einige Produktion könne man nicht mehr zeigen, daher werden "absolute Kernwerke" - einige "der bekanntesten Operntitel der Geschichte" - in neuer Form zu sehen sein. Um das Repertoire schnell austauschen zu können, will Roščić "zahlreiche existierende Inszenierungen, die ich für die besten halte, nach Wien bringen. Und es werden Regisseurinnen und Regisseure sein, die leider noch nie an der Staatsoper gearbeitet haben."
"Das Alter der Produktionen darf kein Kriterium sein", ob ein Werk neu inszeniert wird, sagte er. An der Staatsoper seien einige alte Produktionen "mit die besten. Man muss dem eigenen Urteil vertrauen."
Currentzis wird sein eigenes Orchester MusicAeterna an die Staatsoper mitbringen - was wohl für Diskussionen im und außerhalb des Hauses sorgen wird. "Mit den Wiener Philharmonikern muss die große Liebe noch aufblühen", sagt Roščić in Bezug auf Currentzis. Es gebe derzeit in der Klassikwelt einen "Generationenwechsel". Es werde daher "eine Menge neue Namen" bei den Dirigenten geben - und "natürlich die größten Namen der Welt".
Barrie Kosky wird "sehr viel in Wien inszenieren", sagt Roščić. Kosky hatte bisher eine Inszenierung an der Staatsoper - den "Lohengrin". "Die Erfahrung war dann offenbar so, dass Barrie ein lebenslanges Trauma davongetragen hat. Das werden wir gemeinsam aufarbeiten."
Zum Starbetrieb bei den Sängern sagte er: "Staatliche Kulturinstitute haben sich dem zu verweigern", indem sie Stars nur deswegen einladen, weil sie die besten sind.Aber die großen Namen werden "selbstverständlich an der Staatsoper singen".
Zur Streitfrage unter manchen Opernfreunden, ob es neue Inszenierungen eigentlich brauche oder die Musik reiche, sagte Roščić: "Es ist nunmal ein Theater. Es kostet nicht wenig, weil es ein Theater ist. Und wenn man Theater spielt, muss man aufregendes Theater spielen." Die Frage bei Inszenierungen könne immer nur sein: "Sind sie gut - oder sind sie schlecht?" Das Haus hänge nicht von einzelnen Premieren ab - sondern vom "Eindruck, den das Repertoire macht".
Er wolle sich als Staatsoperndirektor tagespolitisch nicht einmischen. "Mir war die Idee immer suspekt, dass die Meinung des Operndirektors zum Tagespolitischen irgendwie wichtiger ist als die von neun Millionen anderen Menschen. Vielleicht liegt das Politische eines Opernhauses darin, dass man das Geklingel kurz ausblendet und sich mit den Fundamenten von allem beschäftigt."
Die Politik müsse sich jedenfalls damit beschäftigen, dass die Staatsoper nicht für immer automatisch "wichtig sein wird - nur weil Wien im Namen vorkommt. Es braucht, um die Zukunft der Wiener Staatsoper zu sichern, politischen Willen. Man kann sich nicht auf dem Apfelstrudel ausruhen", sagte Roščić.
"War noch nie am Opernball"
Als Staatsopernchef muss sich Roščić auch mit dem Opernball auseinandersetzen - wo er nach eigenen Angaben noch nie war. "Es ist immer etwas dazwischen gekommen." Er habe aber "zwei Fracks. Der Frack ist wirklich die Strafverschärfung." Er freue sich sehr und "weiß, wie sehr sich auch die Gäste freuen".
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