Mit dem Tod seines Vaters und auch der „Verwundbarkeit des Körpers“ setzt sich Nikitin in all seinen aktuellen Produktionen auseinander. Den Titel „24 Bilder pro Sekunde“ hat er sich vom französischen Filmregisseur Jean Cocteau geborgt, der sich ebenfalls seine (cineastischen) Gedanken über das Sterben gemacht hat.
Also Existenzialismus pur? Nein. Denn was sieht man bei Nikitin? Eine hell erleuchtete Bühne mit einer Schultafel, auf der mit Kreide geschrieben steht: „Heute: Neuer Schweizer Tanz“.
Dazu gibt es eine große Video-Wall, auf der Aktionen und Nicht-Aktionen der insgesamt sechs Performerinnen und Performer übertragen werden. Und es gibt auch einen Holzverschlag, eine Art Sprechzimmer, wie man es aus TV-Formaten wie „Dschungelcamp“ oder „Promi Big Brother“ kennt. Nur gesprochen wird dort nie.
Stattdessen regiert die Musik. Genauer gesagt das Schweizer Kukuruz Quartett, das an vier Klavieren das wenig bekannte Werk „Gay Guerilla“ des Minimal-Music-Komponisten Julius Eastman in die Tasten klopft. Ein paar bekannte Melodien dürfen in Medley-Form für Auflockerung sorgen, meist jedoch regiert das Monotone, das Sich-Nicht-Bewegen.
Denn auch die Performer machen (in bequemer Alltagskleidung) zwar Stretch-,und Aufwärmübungen. Die Interaktion bleibt – zumindest anfangs – aus. Erst nach und nach wackeln sie mit den Köpfen, fallen zu Boden, dehnen ihre Hände, reiben sich aneinander, drohen zu ersticken, spielen mit einem Ball oder öffnen zwei Bierdosen – der theatralalische Höhepunkt des Ganzen.
Ja, Nikitin will mit Live-Kamera die Erstarrung einer Gesellschaft, das Absterben des Körpers illustrieren. Allein, es bleibt oft beim Wollen. Besonders in den letzten 15 Minuten, wenn nur noch die Klaviere (eine gefühlte Ewigkeit) dran sind, sich die Performer in völligen Stillstand verabschiedet haben.
Die 24 Bilder? Sie muss man mit der Lupe suchen.
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