Von Porno-Stars und Sektenführern

Durchbruch für Paul Thomas Anderson als Regisseur und für Mark Wahlberg als Schauspieler: „Boogie Nights“ über den Sex-Star Dirk Diggler
Das Wiener Gartenbaukino zeigt alle Langfilme des großen US-Regisseurs Paul Thomas Anderson.

Geboren, um Regie zu führen. Paul Thomas Anderson wollte nie etwas anderes werden als Filmregisseur. Im Alter von acht drehte er seinen ersten Film über eine Puppe, die das Gesicht seines Bruders auffraß. Mit zwölf erklärte er einem Lehrer, dass er einmal einen Oscar gewinnen würde. Mit 17 erfand er die Figur eines Porno-Darstellers namens Dirk Diggler. Mit 18 machte er darüber einen 30-minütigen Video-Film.

Doch damit war die Karriere des Dirk Diggler noch nicht zu Ende: "Boogie Nights" (1997), Andersons zweiter Langfilm, handelt vom kometenhaften Aufstieg des Porno-Stars Ende der 70er-Jahre in Kalifornien und machte seinen Regisseur mit einem Schlag berühmt. Und nicht nur ihn: Mark Wahlberg als atemberaubend gut bestückter Sex-Star Dirk Diggler verdankte "Boogie Nights" ebenfalls seinen Durchbruch – wie übrigens auch seine Filmpartnerin Julianne Moore. Burt Reynolds, der die Rolle eines Porno-Regisseurs übernommen hatte, konnte mit dem Filmerfolg seine Karriere wieder beleben. Und der junge Philipp Seymour Hoffman – großartig in fast allen Anderson-Filmen und meisterlich als Sektenführer in "The Master" – lieferte unvergessliche Auftritte als unglücklich verliebter Diggler-Verehrer.

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Paul Thomas Anderson
Nein, er verspüre keine besondere Affinität zu den 60er- und 70er-Jahren, erzählte Anderson im KURIER-Interview anlässlich seines neuesten Films, der Thomas-Pynchon-Adaption "Inherent Vice – Natürliche Mängel" (derzeit im Kino). Und wenn er etwas hasse, dann Retro-Nostalgie. Tatsächlich vermeidet Anderson in "Inherent Vice", angesiedelt 1970 in Kalifornien, bewusst jegliche Schwelgerei in Schlaghosen und Hippie-Mustern.

Wenn er in etwas schwelgt, dann in der Qualität des von ihm bevorzugten analogen Filmmaterials. Für "Inherent Vice" etwa verwendete er alte, beschädigte Filmrollen, die in seiner Garage herumgekugelt waren und den Bildern einen ausgewaschenen Look gaben: "Ich vermisse im Kino das Körnige des analogen Films", sagt Anderson: "Es fällt den Leuten vielleicht nicht auf, aber man sieht es kaum noch auf der Leinwand. Mir aber gibt es das Gefühl, im Kino zu sein."

Sieben sehr lange Filme hat PTA, wie er von seinem Umfeld genannt wird, mittlerweile gedreht. Dafür erhielt er als Person insgesamt sechs Oscarnominierungen.

Sadomasochistisch

Für "Boogie Nights" und das nachfolgende Ensemble-Meisterstück "Magnolia" wurde er jeweils für Bestes Original-Drehbuch für einen Oscar nominiert. Denn Anderson schreibt alle Drehbücher selbst: "Ich unterhalte zum Schreiben eine sadomasochistische Beziehung: Wenn es gut klappt, ist es großartig. Aber wenn man nicht vorankommt, gibt es kaum etwas Frustrierendes."

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Paul Thomas Anderson
So arbeitete er an dem Drehbuch zu seinem Öl-Epos "There Will Be Blood" zwei Jahre, ehe er das Gefühl hatte, es wäre gut genug, um es Daniel Day-Lewis zu zeigen und ihm die Hauptrolle anzubieten. Der Film wurde acht Mal Oscar-nominiert, Day-Lewis erhielt einen für bestes Schauspiel. Der Abräumer des Jahres 2008 aber war Andersons Konkurrenzfilm, "No Country For Old Men" von den Coens.

Das Gartenbaukino zeigt (bis 19. 3.) nun erstmalig eine Werkschau der Langfilme von Thomas Paul Anderson – die meisten davon in 35 mm.

Der heute 44-jährige US-Regisseur Paul Thomas Anderson – nicht zu verwechseln mit den Regisseuren Wes Anderson und Paul W. S. Anderson – wird kurz PTA genannt und gilt als einer der herausragenden Regisseure des modernen, amerikanischen Gegenwartskinos.

Der Kalifornier drehte bisher insgesamt sieben Filme, darunter „Boogie Nights“ (2007), „Magnolia“ (1999), „Punch-Drunk Love“ (2002), „There Will Be Blood“ (2007), „The Master“ (2012) und „Inherent Vice“ (2014). Paul Thomas Anderson lebt in San Fernando Valley mit der Schauspielerin und Komödiantin Maya Rudolph („Brautalarm“), mit der er vier Kinder hat.

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